Klinikseelsorge: Als „Grüner Herr“ im Krankenhaus

Die „Grünen Damen“, die sich ehrenamtlich in Krankenhäusern engagieren, sind vielen Menschen ein Begriff. Doch es gibt auch „Grüne Herren“, die mit viel Freude kranke Menschen besuchen.

Grüne Damen und Herren aus dem Klinikum Vest Recklinghausen und Marl.
Grüne Damen und Herren aus dem Klinikum Vest Recklinghausen und Marl.Marketing Klinikum Vest/H. Gerhäußer

„Bald gehe ich in Rente und möchte was Sinnvolles tun? Vielleicht ehrenamtlich im Krankenhaus tätig werden? Was machen die da eigentlich?“ Männer, die sich in einer Klinik engagieren, finden so ihren Einstieg in die freiwillige Mitarbeit. Manchmal braucht es auch einen kleinen Schubs von der Partnerin oder Freunden. Gute Erfahrungen haben motiviert: „Das hat so gutgetan, dass sich jemand Zeit für mich genommen hat.“ Der Wunsch nach Kontakt mit Menschen gibt meist den Ausschlag, sich zu informieren. „Grüne Damen“ sind bekannt. Doch wer weiß schon, dass es „Grüne Herren“ gibt?

Oft ist die Krankenhausseelsorge Ansprechpartner für die ehrenamtlichen Mitarbeitenden. Die Seelsorgerinnen und Seelsorger informieren über die Arbeit, über Voraussetzungen und den unterstützenden Rahmen. Sie begleiten und schulen die Ehrenamtlichen für ihre neue Aufgabe. Auch der regelmäßige Austausch in der Gruppe mit den anderen Ehrenamtlichen ist ein Gewinn. Und dann steht Mann das erste Mal vor der Tür, ohne zu wissen, wer ihn im Zimmer erwartet. Atem holen, anklopfen, Hände desinfizieren und los geht’s.

Atem holen, anklopfen, Hände desinfizieren, los gehts

Gerd R. ist pensionierter Lehrer und schon seit 2008 dabei. Einmal pro Woche geht er auf „seiner“ Station von Tür zu Tür und besucht die Patienten. Die Arbeit ist ihm bis heute ein Herzensanliegen, denn es haben sich schon viele gute Gespräche ergeben. „Meistens komme ich über die Einstiegsfrage, ob schon Besuch da war, in Kontakt. Dann sprechen wir über Familie, Menschen, die wichtig sind, oder über den Grund des Krankenhausaufenthalts.“ Manchmal sind die Sorgen groß. „Eine Patientin hat sich mehr um ihren kranken Mann als um sich selbst gesorgt“, erzählt Frank S., der seit fünf Jahren dabei ist und Besuche auf der unfallchirurgischen Station macht. „Es kommt vor, dass jemand seinen Druck loswerden muss“ erzählt er, „danach geht es meist besser“.

Zwischen fünf Minuten und einer Stunde kann ein Gespräch dauern. Immer werden Patienten in ihren Bedürfnissen ernst genommen. Es kann Begegnungen geben, in denen weitere Hilfe angeboten werden sollte. Darum ist es wichtig, dass alle Ehrenamtlichen wissen, an wen sie verweisen können. Dann übernehmen die Hauptamtlichen.

Anspruchsvolles Ehrenamt

Die Aufgabe ist anspruchsvoll. Es ist gut, wenn jemand Einfühlungsvermögen mitbringt, kommunikativ und belastbar ist. Schließlich schwingen Themen wie Krankheit, Grenzen und Tod in den Gesprächen mit. Freiwillige Mitarbeitende brauchen eine gute Motivation wie z.B. Interesse, Aufgeschlossenheit, Nächstenliebe. Kirchenmitgliedschaft ist keine Voraussetzung. Für alle gilt die Schweigepflicht. Außerdem sind Kenntnisse über die Abläufe und Organisation eines Krankenhauses nötig.

Besuche nehmen den größten Teil der ehrenamtlichen Arbeit ein. Manche spielen und singen mit den Menschen, auf die sie treffen. Andere unterstützen gezielt das Personal und übernehmen Botengänge für sie. Je nach Einrichtung wird manchmal sogar eine Bücherei oder ein Demenz-Café von Ehrenamtlichen angeboten.

Gerd R. und Frank S. würden sich freuen, wenn sich mehr Männer für diese Aufgabe interessieren. „Man möchte nicht immer der Hahn im Korb sein“, schmunzelt einer. „Als Mann habe ich vielleicht andere Anknüpfungsmöglichkeiten für ein Gespräch“, meint Frank S.. Und Gerd R.: „Bei allen Erlebnissen im Besuchsdienst schwingt immer viel Lebenserfahrung und Lebensgeschichte mit.“ Frank S.: „ „Es ist so kostbar, wenn man anderen eine Freude machen kann.“

• Pfarrerin Barbi Kohlhage ist Krankenhausseelsorgerin im Klinikum Vest in Recklinghausen und Marl.