Klimawandel erfordert Anpassung der Landwirtschaft und Stadtplanung

Die Gestaltung der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Städte muss nach Auskunft von Fachleuten auf die rasante Klimaerhitzung eingehen. Gegen Hochwasserrisiken und Hitze reichten Maßnahmen auf öffentlichen Flächen nicht aus, sagte der Professor für Bodenpolitik, Hochwasserrisikomanagement und Raumplanung an der TU Dortmund, Thomas Hartmann. „Wir brauchen auch die Anpassung von privaten Flächen“, sagte er am Mittwoch auf einer Online-Konferenz zu den Folgen des Klimawandels. Die Konferenz wurde ausgerichtet von den Klimakompetenzzentren der Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Thüringen.

In vielen Kommunalverwaltungen gebe es eine starke Zurückhaltung, was Vorschriften für Privateigentum angehe, sagte Hartmann. Aber Privateigentum verpflichte auch. Für einen wirksamen Klimaschutz brauche es viele kleine Flächen, die Wasser zurückhielten und speicherten. Doch auch bei der klimafreundlichen Gestaltung von öffentlichen Flächen liege vieles im Argen. „In Deutschland wissen wir viel zu wenig über öffentliche Flächen – wir sind hier Schlusslicht in Europa“, sagte er. Transparenz über das Eigentum am Boden sei die Voraussetzung für zielgerichtetes Handeln.

Die Klimaerhitzung erzwinge eine Umstellung im Obst- und Weinanbau, erläuterte Jan Reustle von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg bei Heilbronn. Die mittlere Temperatur sei seit 1990 exponentiell im Steigen begriffen. Dies habe dazu geführt, dass der Reifebeginn des Weins im Vergleich zwischen 1979 und 2019 nun drei Wochen früher stattfinde. „2075 werden Sorten, die früh gelesen werden, wegen des Klimawandels ungeeignet sein“, sagte Reustle. Dazu gehörten weit verbreitete Sorten wie der Müller-Thurgau, Silvaner, Grau- und Weißburgunder, Sauvignon blanc, Dornfelder oder Regent. Weinbauern müssten auf Sorten aus südlichen Ländern umsteigen, wie auf den Cabernet Cubin, Cabernet-Sauvignon, Nebbiolo, Sangiovese oder Marselan.

Auch die Blüte der Apfelbäume findet nach den Worten von Reustle im Vergleich zwischen 1962 und 2020 drei Wochen früher statt, nun Mitte April. Demgegenüber gebe es den letzten Frosttag nur eine Woche früher. Dadurch sei die Blüte in den vergangenen 20 Jahren deutlich häufiger von Spätfrösten getroffen worden und es habe keine Früchte gegeben. Gegen die Erhitzung müsse die Wasserspeicherung der Böden erhöht werden, etwa durch Begrünung, Abdeckung von Böden oder die Anlage von Bewässerungsteichen. Auch die Verschattung durch Photovoltaik-Anlagen zwischen Obst- und Rebenreihen zeige positive Ergebnisse bei den Früchten.

Von der Schwierigkeit, Bürger und Kommunen von der Notwendigkeit des Klimaschutzes zu überzeugen, sprach Burkhardt Kolbmüller von der Initiative Zukunftswerkstatt Schwarzatal. In vielen Dörfern und Städtchen des südlichen Thüringer Waldes gebe es noch kein notwendiges Problembewusstsein, sagte er. Ein leitender kommunaler Beamter habe das Ziel der Klimaneutralität als „ideologischen Kampfbegriff“ abqualifiziert. In der dort starken AfD würden Forderungen nach Klimaschutz als „Gedöns“ abgetan. Dabei ähnele das Schwarzatal in der Topografie dem rheinland-pfälzischen Ahrtal, das in einer Sturzregenkatastrophe 2021 unterging. Demokratieaufbau und -erhalt sei für den Klimaschutz grundlegend, resümierte Kolbmüller.