Klimakrise wird zum zentralen Thema beim Kirchentag

Vizekanzler Habeck positioniert sich beim Kirchentag gegen die Letzte Generation und warnt vor apokalyptischen Szenarien und Spaltung. Das spiele Populisten in die Hände.

Selfie mit Minister: Diese Besucherin sichert sich ein Foto mit Robert Habeck
Selfie mit Minister: Diese Besucherin sichert sich ein Foto mit Robert Habeckepdbild / Thomas Lohnes

Protest und Debatte: Der Streit um Wege aus der Klimakrise hat am Freitag den Kirchentag in Nürnberg geprägt. Während Aktivisten der Letzten Generation am Vormittag eine Stunde lang den Autoverkehr vor dem Hauptbahnhof blockierten, warnte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei einer Podiumsdiskussion vor apokalyptischen Szenarien, um Forderungen nach mehr Klimaschutz Nachdruck zu verleihen.

Negativnachrichten und Schreckensszenarien „werden immer im Wettbewerb mit dem nächsten Populismus stehen“, sagte Vizekanzler Habeck. Die Überbietung des Negativen, „getriggert durch soziale Medien, Likes und Tweets“, führe nicht dazu, dass die Gesellschaft an Verbesserung, Hoffnung und Zuversicht arbeite.

Die Regierungen haben es „verbockt“

Der Protest für Verbesserungen müsse deswegen so ausgerichtet werden, dass Menschen zuversichtsvoll teilhaben wollen an einer Veränderung, sagte Habeck, der unter anderem mit Carla Hinrichs von der Klimaprotestbewegung Letzte Generation auf einem Podium saß. Hinrichs wiederholte die Forderung der Letzten Generation nach einem Gesellschaftsrat. Die Regierungen der vergangenen 40 Jahre hätten es „verbockt“, genug zur Abwendung der Erderwärmung zu unternehmen, sagte sie. Ihr fehle das Vertrauen, dass der aktuellen Regierung das „in diesem System“ gelinge.

Mit schwerem Gerät musste die Polizei die Aktivisten von der Straße lösen
Mit schwerem Gerät musste die Polizei die Aktivisten von der Straße lösenepdbild / Tim Wegner

Bei der Blockade am Hauptbahnhof hatten sich acht Aktivistinnen und Aktivisten an zwei Stellen auf der Straße festgeklebt, wie die Polizei mitteilte. Die mit Warnwesten bekleideten Blockierer hielten Plakate mit Slogans wie „Nein zur Zerstörung der Lebensgrundlagen, ja zum Gesellschaftsrat Klima“ und „Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle“ hoch. Aimée van Baalen, Sprecherin der „Letzten Generation“, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), zu den Protestierenden gehörten auch Teilnehmer des Kirchentags.

Die Polizei löste die Blockade nach Angaben eines Sprechers nach etwa einer Stunde auf, der Verkehr floss kurz darauf wieder störungsfrei. Um die Aktivisten von der Straße zu lösen, musste die Polizei in zwei Fällen einen Trennschleifer und einen Presslufthammer einsetzen.

„Die Gesellschaft spaltet sich“

Habeck äußerte Unverständnis über die Aktion: „Dieser Protest verhindert eine Mehrheit für Klimaschutz und treibt die Leute weg.“ Er teile die Argumente der Aktivisten nicht: „Die Gesellschaft spaltet sich, dann wollen wir Teil der Spaltung sein. Das ist doch falsch.“

Für Freitagnachmittag war eine Menschenkette für Klimagerechtigkeit in der Nürnberger Innenstadt geplant. In zahlreichen weitere Diskussionsrunden beim Kirchentag geht es um den Kampf gegen die Erderwärmung.

Was die Kirchen noch machen müssen

Der Moderator und Kabarettist Eckart von Hirschhausen rief die Kirchen am Freitagvormittag zu mehr Anstrengung bei der Bekämpfung der Erderhitzung auf. „Die Hebel, die wir haben, werden nicht ausreichend genutzt“, sagte er bei einem Interview auf dem „Roten Sofa“ der Kirchenpresse. Immer noch seien kircheneigene Dächer ohne Solaranlagen, immer noch werde Land verpachtet, auf dem anschließend Böden zerstört würden, sagte er.

Der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag mit rund 2.000 Veranstaltungen an fünf Tagen geht am Wochenende zu Ende. Für Samstag wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet, für Sonntag sind zwei Abschlussgottesdienste in der Innenstadt geplant.