Klare Sprache!

Über den Predigttext zum 2. Sonntag nach Trinitatis: 1 Korinther 14,1–12 (23–25)

Predigttext (in Auszügen)
1 Strebt nach der Liebe! Bemüht euch um die Gaben des Geistes, am meisten aber darum, dass ihr prophetisch redet! 2 Denn wer in Zungen redet, der redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott; denn niemand versteht ihn: Im Geist redet er Geheimnisse. 3 Wer aber prophetisch redet, der redet zu Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und zur Tröstung. 4 Wer in Zungen redet, der erbaut sich selbst; wer aber prophetisch redet, der erbaut die Gemeinde. (…) 6 Nun aber, Brüder und Schwestern, wenn ich zu euch käme und redete in Zungen, was würde ich euch nützen, wenn ich nicht mit euch redete in Worten der Offenbarung oder der Erkenntnis oder der Prophetie oder der Lehre? (…) 10 Es gibt vielerlei Sprachen in der Welt, und nichts ist ohne Sprache. 11 Wenn ich nun die Bedeutung der Sprache nicht kenne, werde ich ein Fremder sein für den, der redet, und der redet, wird für mich ein Fremder sein. 12 So auch ihr: Da ihr euch bemüht um die Gaben des Geistes, so trachtet danach, dass ihr sie im Überfluss habt und so die Gemeinde erbaut. (…) 23 Wenn nun die ganze Gemeinde an einem Ort zusammenkäme und alle redeten in Zungen, es kämen aber Unkundige oder Ungläubige hinein, würden sie nicht sagen, ihr seid von Sinnen? 24 Wenn aber alle prophetisch redeten und es käme ein Ungläubiger oder Unkundiger hinein, (…) so würde er niederfallen auf sein Angesicht, Gott anbeten und bekennen, dass Gott wahrhaftig unter euch ist.

Bauanleitung für einen Blumenschemel: „Mit einer anderen Hand nehmen Sie den Mire und befestigen den Mire in der Mitte weil Sie mit der anderen Hand den Mire in die Mitte eindrücken. In der Mitte ist dazu ein Ausschleif. Mire passt exakt in den Ausschleif. Davor bekleben Sie den Mire von hinten mit dem beiseienden Tornado-Leim.“

Eine Anleitung, die uns zum Schmunzeln bringt. Zum Ärgernis gereicht sie vermutlich all jenen, die anhand dieser Ausführungen das kleine Möbelstück zusammenbauen möchten. Schlicht und ergreifend, weil der Text alles andere als verständlich ist!

Paulus fordert Verständlichkeit

Verständlichkeit fordert Paulus vehement ein – und zwar für die Sprache, derer sich Christinnen und Christen bedienen. Insbesondere im Rahmen der gottesdienstlichen Feier!

Offenbar wurde in der jungen Gemeinde zu Korinth auch die sogenannte „Zungenrede“ gepflegt, eine besondere Art des Gebets. Ohne das eigene Verhalten bewusst zu steuern, äußert die Sprecherin oder der Sprecher mit einem Male Laute, Silben und Worte, die den Umstehenden völlig unverständlich sind.

Paulus lehnt die Rede in Zungen keineswegs ab, schließlich gilt sie als eine Gabe des Heiligen Geistes! Allerdings hat sie ihren Ort in der persönlichen Kommunikation mit Gott; sie fördert gewissermaßen die persönliche Erbauung der einzelnen Beterin, des einzelnen Beters.

In der Gemeinde – vor allem im Gottesdienst – sollte jedoch eine andere Art der Rede zum Tragen kommen. Eine Rede, die der Apostel als „prophetisch“ bezeichnet! Weil sie klar und unmissverständlich die Erwartungen und Wünsche Gottes zum Ausdruck bringt. Weil sie einerseits das Gewissen anspricht, andererseits aber auch Trost verschafft.

Eine Rede, die das Streben nach Liebe thematisiert. Die entsprechende Ermutigung stellt Paulus verständlicherweise an den Beginn seiner Ausführungen.

Welchen Nutzen, fragt der Verfasser seine Adressatinnen und Adressaten, hätte ein Besuch von ihm in der Gemeinde, wenn er sich im Gespräch der Zungenrede bediente? Etlichen Gläubigen erschiene er dann als Fremder.

Und fremd fühlten sich doch schließlich auch Angehörige aus Familie und Freundeskreis der Gemeindeglieder, wenn sie einen Gottesdienst besuchten, in dem die Feiernden in Zungen redeten! Käme indes die prophetische Rede zum Zuge, ließen sich wohlmöglich auch Außenstehende dazu begeistern, ihr Leben in Gänze der Liebe Gottes anzuvertrauen.

Die Hafenstadt Korinth avancierte seinerzeit zu einem Schmelzpunkt der Kulturen; in den Gassen und auf den Plätzen erklangen die unterschiedlichsten Sprachen. Wir leben heute in einer zunehmend global ausgerichteten Welt, nutzen obendrein zahlreiche Kommunikationsmittel.

Umso dringlicher gilt es für Kirche, eine Sprache leidenschaftlich in Gebrauch zu nehmen, die möglichst viele Menschen anspricht und bewegt. Ungeachtet ihrer Herkunft, Geschichte, sexuellen Ausrichtung und kulturellen Prägung. Ob in diese Sprache nun verstärkt alltägliche Begriffe und Wendungen einfließen, sie eher meditativ oder auch poetisch ausgerichtet ist: In jedem Fall sollte sie klar und unmissverständlich der Liebe das Wort reden!

Mit der Ingebrauchnahme einer solchen Sprache lässt sich auf gute und gelingende Weise Gemeinde bauen beziehungsweise Kirche gestalten! Damals wie heute!