„Healing Soundscapes“: Klänge für Wohlbefinden in Kliniken

Was hilft gegen Angst im Krankenhaus? Das Forschungsprojekt „Healing Soundscapes“ in Hamburg experimentiert mit Klängen, die das Wohlbefinden von Patienten und Personal steigern sollen.

Niemand ist gerne im Krankenhaus. Doch mit passender Musik lässt es sich zumindest etwas besser aushalten
Niemand ist gerne im Krankenhaus. Doch mit passender Musik lässt es sich zumindest etwas besser aushaltenImago / Robert Poorten

Wohlfühlen im Krankenhaus? Wie das im Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) funktionieren könnte, erforscht das Projekt „Healing Soundscapes“ seit einigen Jahren. „Normalerweise bestimmen Unsicherheit, Sorge oder Angst der Patienten und Stress des Personals die Atmosphäre in Kliniken“, sagt der Musikwissenschaftler Georg Hajdu, der an dem Projekt mitwirkt. Mithilfe von gesundheitsfördernden Klangwelten soll künftig das Wohlbefinden von Patientinnen und Patienten sowie des Personals im UKE verbessert werden. Nach einer Testphase werden die Lautsprecher im nächsten Jahr fest installiert.

„Musik und die gesamte auditive Umgebung haben nachweislich starken Einfluss auf Gesundheit, Heilung und Wohlbefinden“, sagt Hajdu, Professor für multimediale Kompositionen an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater. Lärm erzeuge Stress und existenzielles Unwohlsein. „Umso erstaunlicher, dass die meisten Krankenhäuser gewissermaßen einem akustischen Wildwuchs ausgesetzt sind“, sagt Hajdu. Sie seien weit davon entfernt, eine akustisch heilende Umgebung zu bieten. Das nach eigenen Angaben bundesweit einzigartige Projekt „Healing Soundscapes“ will das ändern.

Kliniken sind „ein Abbild unserer Gesellschaft“

Die Kliniken sind für Hajdu „ein Abbild unserer Gesellschaft“, in der es vor allem um Funktionalität geht. „Nur selten wird gefragt, ob sich Bürgerinnen und Bürger wohl fühlen“, sagt er. Ein Projekt wie „Healing Soundscapes“, das die Atmosphäre und damit das Wohlbefinden der Menschen verbessern will, werde hierzulande gerne als „Luxus“ betrachtet. „Bei diesem Thema ist uns Skandinavien weit voraus. Dort spielt Wohlbefinden generell eine größere Rolle.“ Klangkonzepte für Kliniken gehörten auch dazu.

„Musik und die gesamte auditive Umgebung haben nachweislich starken Einfluss auf Gesundheit, Heilung und Wohlbefinden“, sagt Hajdu, Professor für multimediale Kompositionen an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater
„Musik und die gesamte auditive Umgebung haben nachweislich starken Einfluss auf Gesundheit, Heilung und Wohlbefinden“, sagt Hajdu, Professor für multimediale Kompositionen an der Hamburger Hochschule für Musik und TheaterImago / Dreamstime

Nach zehn Jahren nimmt das Projekt „Healing Soundscapes“ aktuell richtig Fahrt auf: Gab es im UKE bisher nur stundenweise Tests, werden die Projektlautsprecher 2025 in den Wartebereichen der Notaufnahme, der Psychiatrie und Onkologie fest installiert. Hajdu will künftig eine positive Wirkung durch praktische Studien auch medizinisch belegen.

„Healing Soundscapes“: keine Musikbeschallung wie in Supermärkten

Wer sich dabei eine Musikbeschallung wie in Supermärkten vorstellt, liegt falsch. „Healing Soundscapes“ nutzt elektronische Klanginstallationen, die per Computer gesteuert werden – ohne Stimmen oder Melodien, die eventuell Unmut erzeugen könnten oder zum Zuhören zwingen. Gut funktionieren würden Klangschalen und Glocken, erklärt der Professor.

Auch Live-Musik zeigt Wirkung. Jan Sonntag, Professor von der beteiligten Medical School Hamburg, hat bereits 20 Mal mit Musikstudierenden in der Eingangshalle des UKE musiziert. „Die beste Wirkung hatten unsere Metallstäbe mit ihrem warmen, runden, klaren Klang“, sagt der Musiktherapeut. Rasseln fielen dagegen durch: „Sie wirkten eher wie ein zusätzliches, störendes Geräusch.“

Mit Musik der Klinikhalle eine „menschliche Note“ geben

Besonders gefreut haben sich Sonntag und sein Team über sichtbare Reaktionen. „Menschen verlangsamten ihren Gang, setzten sich, schauten sich um, lächelten.“ Die Musizierenden lächelten zurück, gaben der Klinikhalle so eine „menschliche Note“, erzählt Sonntag. „Eine Putzkraft ging erst weg und kam dann mit einem Kollegen wieder, damit er es auch miterleben kann.“