Streit um Kunst im Dom: Arnulf Rainer widerspricht einer Ausstellung seiner Kreuzbilder im Wiener Stephansdom. Er spricht von Vereinnahmung – der Dompfarrer sieht dagegen einen Brückenschlag zwischen Kunst und Glaube.
Der Künstler Arnulf Rainer (95) lehnt die für die Fastenzeit 2026 im Wiener Stephansdom geplante Ausstellung von 77 seiner Kreuzarbeiten ab. Er habe diese Werke nie aus religiösen Motiven geschaffen und fühle sich kirchlich vereinnahmt, zitierte “religion.orf.at” am Montag aus einem Anwaltsbrief. Die Schau mit Werken aus der Sammlung Werner Trenker war erst vergangene Woche vom Domkapitel angekündigt worden.
Laut ORF spricht sich Rainer in dem anwaltlichen Brief an Dompfarrer Toni Faber sowie an den Sammler “mit Nachdruck gegen dieses Vorhaben aus”. Er habe sein künstlerisches Schaffen niemals in einen sakralen Zusammenhang gebracht, so Rainers Anwalt Alexander Pflaum. “Rainers Kreuze haben nichts mit dem christlichen Symbol zu tun.” Vielmehr sei die Form des Kreuzes ein persönlicher Befreiungsschlag, der ihm seine weitere Entwicklung ermöglicht habe. Rainer lehne die Ausstellung als Vereinnahmung durch die Kirche ab, habe aber kein Interesse an einer rechtlichen Auseinandersetzung, so der Anwalt.
Dompfarrer Faber sagte im Interview für die Ö1-Sendung “Religion aktuell”, dass der Plan für die Ausstellung bereits seit einem Jahr bestehe und damals durch Trenker mit Arnulf Rainer abgesprochen gewesen sei. Das Domkapitel sei verwundert, dass sich der Künstler nun dagegen ausspreche. “Das wird uns aber nicht daran hindern, die Kreuze doch auszustellen”, so Faber. Er sieht die Ausstellung nicht als Vereinnahmung, “sondern wir respektieren die größere Perspektive, die er in der menschlichen Form eines Kreuzes – auch ohne christliche Konnotation – sieht”.
Das Kreuz sei für Christinnen und Christen ein besonderes Zeichen, “aber darüber hinaus natürlich auch menschlich ein Kreuzungspunkt für verschiedene Vorstellungen, die wir natürlich nicht einfach vereinnahmen wollen”, erklärte der Dompfarrer gegenüber dem ORF. Er hoffe, dass dieser Streit beigelegt werden könne.
Nach der Planung des Domkapitels sollen vier Monate lang sieben Kreuze auf Holz sowie sämtliche Kreuz-Kaltnadelradierungen, die der Künstler seit 1956 geschaffen hat, im Stephansdom zu sehen sein. Begleitet wird die Ausstellung kunsthistorisch und theologisch von Pater Friedhelm Mennekes als Kurator. Der Jesuit und Gründer der renommierten “Kunst-Station Sankt Peter” in Köln ist im deutschsprachigen Raum als Vermittler zwischen moderner Kunst und Kirche bekannt.
Seine Impulse beleuchten das Kreuz nicht nur als religiöses Symbol, “sondern auch als künstlerisches Zeichen menschlicher Existenz, Leidensfähigkeit und Hoffnung”, hieß es in der Pressemitteilung. Mennekes eröffne auch einen geistig-spirituellen Zugang zu den Werken Rainers, für den das Kreuz nicht nur Symbol der Christenheit sei, sondern vor allem eine Form, die ihn während seines gesamten künstlerischen Lebens begleite.
Obwohl sich Rainer selbst nicht als Kirchenmaler begreift, wurde der in Baden bei Wien geborene Künstler unter anderem durch seine expressiven Übermalungen sowie durch seine Kreuzdarstellungen, die zu zentralen Symbolen seines Schaffens avancierten, bekannt.