Kirchentags-App: Programm und Stadtplan digital

Koffer packen ohne dickes Programmheft. Der Kirchentag 2023 ist digitaler geworden. Man kann hinfahren oder von zu Hause aus dabei sein.

Zusammenkommen, reden, zuhören, feiern – Evangelische Kirchentage (wie 2015 in Stuttgart) sind immer eine Reise wert
Zusammenkommen, reden, zuhören, feiern – Evangelische Kirchentage (wie 2015 in Stuttgart) sind immer eine Reise wertepd/Vankann

Vier Jahre ist es her, dass wir das letzte Mal zu einem Kirchentag gefahren sind. 2019 nach Dortmund. Die Pandemie hat uns aus dem ­gewohnten Zwei-Jahres-Rhythmus geworfen, aber jetzt geht es endlich wieder weiter wie vorher. Wir ­packen unsere Koffer: die bunten Schals von früheren Kirchentagen, bequeme Schuhe für das Herum­laufen in Messehallen – und haben wir nicht irgendwo noch so ein Schlüsselband mit Ausweishülle für das Ticket?

Moment! Ein Ticket aus Papier, das eine Ausweishülle braucht, ­haben wir diesmal gar nicht. Wer schon mal bei einem Kirchentag war, erinnert sich: Irgendwann im April kam in einem Paket die ­Tagungsmappe mit Programmheft, Liederbuch, Stadtplan und eben dem Ticket. Dafür haben Haupt- und Ehrenamtliche ein Wochenende lang in einer ­großen Lager- oder Messehalle weit über 10000 Pakete gepackt, die in LKW geladen und dann mit der Post in alle Welt verschickt wurden. Das Programmheft musste bis März gedruckt sein und das wiederum bedeutete einen Redaktionsschluss am Beginn des Kirchentagsjahres. So hat uns ein Programmheft durch den Kirchentag gebracht, das auf ­einem vier oder fünf Monate alten Stand war. Ganz zu schweigen ­davon, dass unzählige übrig gebliebene Hefte nach dem Kirchentag entsorgt werden mussten – nicht besonders nachhaltig.

Hybride Veranstaltungen

Für den Kirchentag 2023 war dieser Aufwand nicht nötig, denn die ­Kirchentags-App kann inzwischen viel mehr. Unsere Tickets stecken jetzt im Smartphone. Dort finden wir auch das jederzeit aktuelle Programm. Die integrierte Navigation ersetzt den Stadtplan und die ­Suchfunktion erspart mühsames Blättern. Unser Leben ist digitaler ge­worden, nicht zuletzt durch die Pandemie. Im Rahmen des digitalen Kirchentagsprogramms werden ­einige Veranstaltungen hybrid oder rein digital durchgeführt. Ein Überbleibsel des digitalen Ökumenischen Kirchentages 2021 in Frankfurt am Main.

Nicht wenige Menschen haben sich vor zwei Jahren gefreut, den Kirchentag am Bildschirm mitfeiern zu können, weil sie zum Beispiel aus gesundheit­lichen Gründen eine Reise in die Kirchentagsstadt nicht möglich ­machen konnten. Wer nicht nach Nürnberg fährt, kann über die Kirchentags-Website nächste Woche also trotzdem Kirchentag erleben.

Kontrovers, aber respektvoll

Zudem sind gesellschaftliche Entwicklungen schnelllebiger geworden. Immer wieder neue Themen und Debatten bestimmen die Schlagzeilen der digitalen und klassischen Medien. In der Programmplanung sind von Anfang an so genannte weiße und graue Flecken gelassen worden, um auch kurzfristig auf aktuelle Themen reagieren zu können. Schöpfungsverantwortung, Friedensethik, Demokratie, Rassismus, Generationengerechtigkeit, sexuelle Vielfalt, der Kirchentag lässt keins der Themen aus, die in Talkshows, Kommentarspalten oder bei Familienfeiern die Gemüter erhitzen.

Und nicht alle Gäste auf den ­Podien werden beim typischen Kirchentagspublikum auf Wohlwollen treffen – etwa wenn die Vertreterin der Automobilindustrie über Lieferkettenverantwortung spricht oder der Aufsichtsratsvorsitzende eines großen Industriekonzerns über ­Klimaschutz. Doch gerade bei ­kontroversen und polarisierenden Themen legt der Kirchentag Wert darauf, alle Perspektiven zu Wort kommen zu lassen und auch intensive Debatten in einer Atmosphäre des gegenseitigen Respekts zu ­führen.

Neugierige Vorfreude

Vielleicht wird es also in Nürnberg nicht ganz so wie früher: Vielleicht kommen nach der Pandemiepause weniger Menschen. Vielleicht tun sich manche schwer ohne Programmheft und Stadtplan. Und wird der gewünschte respektvolle Umgang im zunehmend aufgeheizten gesellschaftlichen Klima immer gelingen? Wir sind guten Mutes! Nicht die Zahl der Teilnehmenden sagt etwas darüber aus, ob der ­Kirchentag erfolgreich ist. Die U-Bahnen werden bestimmt voller singender Menschen sein – und da wird sich wohl immer jemand ­finden, die oder der beim Umgang mit der App ­helfen kann.

Und jetzt packen wir unsere Koffer und fahren voller Neugier und Vorfreude nach Nürnberg. Statt des Schlüsselbandes denken wir ans ­Ladekabel fürs Handy.

www.kirchentag.de/app
www.kirchentag.de/digital

„Jetzt ist die Zeit für Frieden“. Zu einer Friedens-Demonstration laden Friedensgruppen und Organisationen auf dem Kirchentag am Sa, 10. Juni, ab 13 Uhr auf dem Rosa-Luxemburg-Platz in Nürnberg ein. Zum Abschluss der Kund­gebung um 14 Uhr spricht der Friedensbeauftragte der EKD, Friedrich Kramer.

Heike Baum, Geschäftsführerin, und Andreas Günther, Vorsitzender des Landesausschusses Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz des DEKT.