Kirchentag: Zum Abschluss vibriert die Stadt noch einmal

Bei gleißender Sonne erleben 18.000 Menschen auf dem Nürnberger Hauptmarkt einen von Musik geprägten Gottesdienst. Die Botschaft des Predigers ist christlich – und politisch.

Die Predigt von Pastor Quinton Ceasar aus Niedersachsen kommt gut an
Die Predigt von Pastor Quinton Ceasar aus Niedersachsen kommt gut anepdbild / Tim Wegner

„Genial, mutig, authentisch“: Josefine von Beschwitz ist begeistert von der Predigt von Pastor Quinton Ceasar beim Schlussgottesdienst des Kirchentags in Nürnberg. „Er war gar nicht salbungsvoll, sondern anpackend.“ Viel Applaus bekommt der gebürtige Südafrikaner als er ruft, „wir sind alle die ‚Letzte Generation’“. 18.000 Kirchentagsbesucher sind auf den Hauptmarkt gekommen, vermutlich Hunderttausende erleben den Gottesdienst an den Bildschirmen.

Für queere Personen, behinderte und Menschen anderer Hautfarbe oder geringen Einkommens sei es Zeit, ihren Platz einzufordern. „Denn es ist auch die Zeit für das Ende der Geduld“, nimmt der Prediger das Kirchentagsmotto „Jetzt ist die Zeit“ wieder auf: „Wir sind hier. Wir sind viele. Wir sind nie wieder leiser.“

Ein bisschen traurig

Ingrid Piel (57) und Tiona Piel (17) aus Wachtberg sind wie viele andere Besucherinnen und Besucher bewegt von der Stimmung. „Ich fand es einen sehr schönen Abschluss. Ich bin ein bisschen traurig, dass es zu Ende ist“, sagt Tiona. „Die Stadt hat vibriert“, meint Marlies Becker aus Bielefeld-Bethel.

Puh, diese Hitze! Dagegen helfen Kirchentagsschals auf dem Kopf
Puh, diese Hitze! Dagegen helfen Kirchentagsschals auf dem Kopfepdbild / Thomas Lohnes

Wie in den vergangenen Tagen haben sich zum Kirchentagsabschluss wieder viele die grün-gelben Kirchentagsschals um die Köpfe gewickelt, um sich vor der Sonne zu schützen, die schon am Vormittag herunterbrennt. Sonnencremes werden unter den Gästen herumgereicht. „Es ist so eine familiäre Atmosphäre, freundlich und achtsam“, sagt Marlies Bruning aus Düsseldorf. Sie sei so froh, den Schlussgottesdienst noch erlebt zu haben und nicht vorher nach Hause gefahren zu sein.

„Im guten Sinne kontrovers“

„Warum ist das nicht immer so“, ruft Kirchentagspräsident Thomas de Maizière in seinem Schlusswort von der Bühne. Respektvoll, konzentriert, hörend, sachkundig, „im guten Sinne kontrovers“ sei der Kirchentag gewesen. „Wenn es gelingt, die harten und streitigen Themen auf diese Weise zu bearbeiten, dann hätte der Kirchentag unserem Land gedient.“ Ingrid Piel aus Wachtberg sagt: „Es ist Aufbruchsstimmung.“

Bewegt sind die Menschen nicht nur von den Worten, sondern auch der Musik, die den Abschlussgottesdienst prägt. Annegret Petersen aus Castrop-Rauxel war zunächst skeptisch, ob so viel alte Musik ihr gefallen würde: „Aber das hat ja am Ende dann doch ziemlich gut geklappt.“ „Ich freue mich auf Hannover“, sagt nach dem Gottesdienst Melanie Vrablik aus dem Lahn-Kreis. Von der Empore der Frauenkirche am Hauptmarkt hängt nun ein meterlanges Transparent: „Ihr werdet Hannover lieben“ steht darauf. Der nächste Kirchentag findet 2025 in der niedersächsischen Landeshauptstadt statt.

Ruhig und friedlich strömen die Gottesdienstbesucher am Ende in alle Himmelsrichtungen vom Hauptmarkt. Die Mitglieder des Posaunenchors Diepholz mit ihren Instrumentenkoffern treffen in der Burgstraße gleich wieder die erste Flusskreuzfahrten-Stadtführung. Wie es Pfarrerin Sabrina Wilkenshof zum Abschluss des Gottesdienstes sagte: „Jetzt ist die Zeit für Alltag: normal, chaotisch, gesegnet“.