Kirchensteuer bricht ein
Bis zu 2o Prozent der Einnahmen fehlen den Kirchen, weil auf Kurzarbeitergeld keine Steuern fällig sind. Zwar haben sie ein Finanzpolster – doch irgendwann wird es eng.
Hannover/Schwerin. Die Kirchen im Norden stellen sich auf drastische finanzielle Einbußen aufgrund der Corona-Krise ein. Das ergab eine epd-Umfrage unter den evangelischen Landeskirchen. Allein die hannoversche Landeskirche, die größte evangelische Landeskirche in Deutschland, erwartet Verluste in Höhe von bis zu 105 Millionen Euro. Damit würden die Einnahmen doppelt so stark einbrechen wie bei der Finanzkrise 2009. Im laufenden Jahr würden der Landeskirche damit etwa 18 Prozent an Kirchensteuern fehlen. Ursprünglich hatte die hannoversche Landeskirche für das Jahr 2020 etwa 586 Millionen Euro aus der Kirchensteuer eingeplant.
Allerdings hoffen die meisten Landeskirchen, dass sie die Verluste zumindest für 2020 durch angesparte Rücklagen ausgleichen können. Zudem soll in einigen Kirchen bei geplanten Projekten gespart werden, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg will Projekte verschieben. „Bei Vorhaben, die sich noch in der Anfangsphase befinden, wird die Realisierbarkeit kritischer hinterfragt werden“, sagte Oberkirchenrätin Susanne Teichmanis.
Hohe Millionensumme fehlt
Ein Sprecher der hannoverschen Landeskirche sagte, dass 2021 voraussichtlich Mittel im deutlich zweistelligen Millionenbereich fehlen würden: „Für den Haushalt 2021/22 ist klar, dass eine sehr sorgfältige Planung nötig sein wird.“ Dabei werde sehr genau darauf geachtet, für welche Vorhaben Geld vorhanden sei und für welche nicht mehr. Die Lücke für 2020 will die Landeskirche durch Überschüsse und die Umwidmung von Mitteln schließen.
Auch die Nordkirche rechnet mit einem erheblichen Minus und hat bereits eine „Task Force Finanzen“ eingesetzt, sagte Kirchensprecher Stefan Döbler. Diese soll die finanzielle Lage der Landeskirche überprüfen und Handlungsempfehlungen entwickeln. Schätzungen oder belastbare Zahlen würden voraussichtlich erst im Sommer vorliegen.
Zu den Sofort-Maßnahmen der Nordkirche gehören Sperren für die Besetzung frei werdender Personalstellen und für Beförderungen in Leitung und Verwaltung. Auch bei der Haushaltsplanung 2021 werde man Restriktionen hinsichtlich der Besetzung landeskirchlicher Stellen und Investitionsvorhaben berücksichtigen.
Nicht genug Rücklage
Die oldenburgische Kirche erklärte, die bestehende Ausgleichsrücklage reiche voraussichtlich nicht aus, die entstehende Lücke zu schließen. So seien Verluste vorzutragen, die in den kommenden Jahren kompensiert werden müssten. Die braunschweigische Landeskirche verfügt über eine Steuerschwankungsrücklage von rund zehn Millionen Euro. Sie hat für 2020 Kirchensteuer-Einnahmen von rund 94 Millionen Euro eingeplant. Projekte seien momentan nicht gefährdet, sagte ein Sprecher.
Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) erklärte: „Die BEK verfügt über eine solide Finanzausstattung, die uns sicher durch diese Zeit bringt.“ Projekte seien nicht gefährdet. Die bremische Kirche arbeite seit Jahren daran, ein strukturelles Defizit zu vermeiden, um die Rücklagen zu erhalten. Die Evangelisch-reformierte Kirche mit Sitz in Leer rechnet nach Angaben von Vizepräsident Helge Johr mit einem Minus von zehn bis 20 Prozent. Im April habe der Rückgang bei 14 Prozent gelegen. Projekte seien nicht in Gefahr, allerdings könne die Kirche voraussichtlich keine Stiftungen oder Fonds aufstocken.
Haushalt 2021 betroffen
Die Zuweisung an die Kirchengemeinden vor Ort sollen nach Auskunft der Landeskirchen in Niedersachsen für 2020 durchweg zunächst nicht verändert werden. Allerdings werde die Krise Auswirkungen auf die Haushaltsplanungen für 2021 haben. In Turbulenzen geraten die kirchlichen Haushalte auch deshalb, weil auf Kurzarbeitergeld keine Steuern gezahlt werden müssen. Und nach diesen Steuern richtet sich die Kirchensteuer. (epd)