Kirchenpräsidentin Wüst: Vertrauen nach Missbrauchsskandal aufbauen

Die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst hat an die evangelische Kirche und ihre Diakonie appelliert, für die Betroffenen von sexualisierter Gewalt in ihrem Bereich Verantwortung zu übernehmen. Gemeinsam mit diesen müsse man weiter daran arbeiten, verspieltes Vertrauen wieder aufzubauen, sagte Wüst in ihrer Predigt in einem am Mittwoch ausgestrahlten ARD-Fernsehgottesdienst zum Buß- und Bettag. Der Gottesdienst mit dem Titel „Der zerbrochene Himmel“, der gemeinsam mit zwei Betroffenen gestaltet wurde, war in der Pirmasenser Johanneskirche aufgezeichnet worden.

Die Kirche stehe durch den Missbrauchsskandal vor einem Scherbenhaufen, sagte Wüst. Sie ist seit zwei Jahren Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). In dem Gremium formulieren Betroffene und kirchliche Beauftragte Empfehlungen zum Umgang mit sexualisierter Gewalt. Laut der im Januar veröffentlichten Studie des Forschungsverbundes ForuM wurden seit 1946 mindestens 2.225 Menschen im Bereich von evangelischer Kirche und Diakonie missbraucht.

Die Bedürfnisse und das Recht der Betroffenen müssten bei der Aufarbeitung und Prävention von Missbrauch im Mittelpunkt stehen, betonte Kirchenpräsidentin Wüst. Die Kirche dürfe nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern müsse die Diskussion darüber „annehmen und aushalten“. Viele Menschen in der Kirche hätten die Hoffnung, „dass der Himmel aufreißt. Dass sich etwas bewegt, verbessert, ändert. Für die vielen, die darauf warten“.

Der Missbrauch durch einen Pfarrer habe ihn als Kind seelisch gebrochen, berichtete der hessische Ruhestandspfarrer Matthias Schwarz. Dennoch habe er erkannt, dass in seinem Schmerz auch eine Kraft liege, für andere da zu sein, sagte Schwarz, der Mitglied der Betroffenenvertretung im Beteiligungsforum ist.