Kirchenkunst: St. Barbara Kirche in Ortrand

Nicht immer sind Umgestaltungen von Kirchen erfolgreich. Zu den gelungenen Beispielen zählt die Stadtkirche St. Barbara in Ortrand im südlichen Brandenburg durch den Bildhauer Friedrich Press.

Innenansicht Stadtkirche St. Barbara Ortrand
Innenansicht Stadtkirche St. Barbara OrtrandClaudia Rückert

Nicht immer sind Um- oder Neugestaltungen von Kirchen von Erfolg gekrönt. Zu den gelungenen Beispielen zählt die Stadtkirche St. Barbara in Ortrand im südlichen Brandenburg. Seit der Umgestaltung durch Bildhauer Friedrich Press in den 1980er Jahren besticht sie mit ihrer ganz eigenen Atmosphäre. Das Beispiel zeigt: Wenn sich Kirche und Kunst verbinden, können ausdrucksstarke sakrale Räume entstehen.

Die dreischiffige, flach gedeckte Hallenkirche wurde zwischen 1563 und 1565 an der Stelle einer Barbarakapelle errichtet. Mit der Einführung der Reformation im Herzogtum Sachsen im Jahr 1539 war sie von Beginn an ein protestantisches Gotteshaus. Ortrand gehörte über Jahrhunderte zu Sachsen.

Archivfoto Kirche St. Barbara Ortrand von 1906
Archivfoto Kirche St. Barbara Ortrand von 1906Imago / Artokoloro

Durch die Verwaltungsreform in der DDR gelangte die Stadt zum Kreis Senftenberg und damit in der Folge zu Brandenburg. Die Kirche erlebte mehrere Stadtbrände, Wiederaufbauten und Erweiterungen. Folglich besaß sie bis zum radikalen Eingriff im Jahr 1966 eine über die Jahrhunderte gewachsene Ausstattung. Nachdem bereits 1934 der Einbau der Ratsloge entfernt worden war, wurden 1966 mit Zustimmung des Kirchlichen Bauamts und des Instituts für Denkmalpflege das Altarensemble und die Kanzel abgeräumt. Stattdessen wurde dem Taufstein im Chorraum ein neuer Sandsteinaltar hinzugefügt. Ergänzt wurde die Neupräsentation durch das große Kruzifix im Chorbogen, das heute über der südlichen Empore an der Wand hängt.

Nüchterne 1960er Jahre

Offenbar überzeugte die nüchterne Gestaltung der 1960er Jahre nicht. Im Zuge der Vorbereitungen der 750-Jahr-Feier der Stadt Ortrand kam es zu Gesprächen zwischen dem damaligen Pfarrer Michael Fuhrmann und dem Leiter des Kunstdienstes der evangelischen Kirche, Joachim Schöne. Sie verständigten sich darauf, den Bildhauer Friedrich Press (1904–1990) anzufragen. Press blickte zu dieser Zeit bereits auf ein reichhaltiges Werk zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete er sich vornehmlich der Gestaltung von Kirchenräumen. Er arbeitete für beide große Kirchen sowohl im Osten als auch im Westen des geteilten Deutschlands. Im Januar 1986 besuchte Pfarrer Fuhrmann den Künstler in seinem Dresdner Atelier. Schon wenige Wochen später präsentierte Press die Modelle seines Entwurfs, die er nach dem Motto des Gemeindekirchenrats „Durch das Leiden zur Auferstehung“ realisiert hatte. Dies war der Beginn einer intensiven Auseinandersetzung und fruchtbaren Zusammenarbeit. Im April 1986 stimmte der Gemeindekirchenrat dem Vorhaben zu und im Jubiläumsjahr 1988 wurde die Umgestaltung des Kirchenraumes eingeweiht.

Das Lamm blutet aus den Augen

Der Blickfang ist das monumentale gespaltene Kreuz mit einer Höhe von 8,30 Metern aus weiß gefasster und mit dem Beitel bearbeiteter Kiefer. Auf der Höhe der Kreuzarme trägt es die blutroten Wundmale. Davor steht der blockhafte Altar aus dunkel gebeiztem Holz in Form eines Lammes, das im Todeskampf zusammengesunken aus den Augen blutet.

Altarraum St. Barbara mit Lamm
Altarraum St. Barbara mit LammClaudia Rückert

Umringt werden Kreuz und Altar von elf Aposteln und Maria. Sechs Halbfiguren stehen zu je zwei Dreiergruppen an den Chorwänden. Sie lenken den Blick ins Innere des Chores zu den übrigen fünf Aposteln und Maria und laden die Gläubigen in ihre Mitte ein. Ein weiterer Höhepunkt ist das zwischen Kreuz und Altar als rechteckige Vertiefung in den Boden eingelassene Taufbecken. Es ist mit Flusskieseln und Wasser gefüllt, symbolisiert die Quelle des Lebens und verweist mit seiner Gestaltung zugleich auf das Grab Christi und die Überwindung des Todes.

Preuss erschuf ein Gesamtkunstwerk

Die Chorgestaltung wird ergänzt durch den Ambo und sechs Kerzenleuchter, die zu je zwei Dreiergruppen den dreistufig erhöhten Altarraum rahmen, und einem Kreuz im Mittelgang des Langhauses mit stark stilisierten Evangelistensymbolen. Für die übrige Gestaltung wurden helle Farben verwendet in Weiß und Grau im Kontrast zu den warmen Tönen der hölzernen Elemente, Fußboden und Gestühl. Auch die farbigen Glasmalereien im Chor wurden versetzt und durch farblose Glasfenster ausgetauscht. Press schuf im Zusammenwirken mit einer vitalen Gemeinde ein Gesamtkunstwerk. Seit der vor wenigen Jahren erfolgten Sanierung erstrahlt dieses nun wieder in neuem Glanz.

Claudia Rückert ist EKBO-Kunstgutreferentin