Mit einem Offenen Brief hat der evangelische Pfarrer Ralf Ruckert auf eine Forderung des CDU-Vizefraktionschefs Günter Krings reagiert, dass die Kirchen in bestimmten Kirchenasyl-Fällen eine längerfristige finanzielle Verantwortung übernehmen sollen. Die Kirchen hätten andere Härtefallkriterien als das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) „und oft genug die Verwaltungsgerichte“, schrieb der Biedenkopfer Pfarrer in dem am Sonntag veröffentlichten Brief.
Bei einem Fall in seiner früheren Kirchengemeinde in Lahntal sollte eine Familie mit drei kleinen Kindern aufgrund des Dublin-Verfahrens getrennt abgeschoben werden, erläuterte der Pfarrer in dem Brief und am Montag auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). „Das ist aus meiner Sicht ein eklatanter Verstoß gegen die Kinderrechtskonvention“, sagte Ruckert. Ehe und Familie seien im Grundgesetz geschützt. „Die Kinderrechtskonvention muss doch das höhere Gut sein.“
Das sogenannte Dublin-Verfahren soll sicherstellen, dass jeder Asylantrag in der EU nur durch einen Staat geprüft wird. Krings hatte der „Welt“ (Samstag) gesagt: „Wenn Kirchen in Dublin-Fällen Asyl gewähren, wäre dies glaubhafter, wenn sie auch insgesamt Verantwortung für die Schutzsuchenden übernehmen. Wenn durch das Kirchenasyl eine Rückführung nicht mehr erfolgen kann, sollte sie konsequenterweise auch dauerhaft die Betroffenen beherbergen und betreuen.“
Das Dublin-System sei schlecht, kritisierte Ruckert. Unter den Dublin-Fällen, in denen seine ehemalige Kirchengemeinde Schutz bot, seien auch volljährige Familienmitglieder gewesen, die in der Gefahr standen, vom Rest der Familie getrennt zu werden. „Erwiesenermaßen sind die Integrationschancen und damit die Möglichkeit, als positiv-produktives Glied die Gesellschaft zu unterstützen, größer, wenn Menschen ihre familiären Bindungen leben können“, schrieb er.
Er wünsche sich im Zusammenhang mit Flucht sachliche Argumente und mehr humanitäre Angemessenheit sowie „einen Jobmotor für Geflüchtete, der auch ihre Qualifikation berücksichtigt“: Eine geflüchtete Juristin etwa müsse auch ihren Qualifikationen gemäß eingesetzt werden, sagte Ruckert. Außerdem fordere er ein „besseres System“ als die Kombination aus BAMF und Verwaltungsgerichten, „die nichts miteinander zu tun haben und überlastet sind“.