Kirchenasyl
Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften vorübergehend Asylbewerberinnen und Asylbewerber auf, um eine Abschiebung in ihr Heimatland oder die Rücküberstellung in ein anderes Land aufgrund des sogenannten Dublin-Verfahrens abzuwenden. Kirchenasyl wird in der Regel dann gewährt, wenn eine Abschiebung oder Rückführung für den Flüchtling eine Bedrohung an Leib und Leben darstellt und weiterhin gute Bleibeperspektiven vorhanden sind.
Schon aus dem vierten Jahrhundert ist bekannt, dass Flüchtlinge in Kirchen Schutz suchten. Mit der Entwicklung rechtsstaatlicher Systeme verlor das Kirchenasyl an Bedeutung und wurde im 18. und 19. Jahrhundert in den meisten Ländern abgeschafft. In der katholischen Kirche gibt es seit dem neuen katholischen Kirchenrecht 1983 offiziell kein Kirchenasyl mehr.
Wer heute in Deutschland Kirchenasyl gewährt, verstößt nach einhelliger Rechtsauffassung gegen geltendes Recht. Die Mehrzahl der Schutzsuchenden sind zudem sogenannte Dublin-Fälle, die eigentlich in das EU-Ersteinreiseland zurückgeschickt werden müssten, um dort Asyl zu beantragen. Läuft jedoch die Überstellungsfrist ab, ist Deutschland für den Asylantrag zuständig.
Das Kirchenasyl ist zwischen Behörden und Kirchen zunehmend umstritten. Eine Handreichung der katholischen Bischöfe spricht vom Kirchenasyl als “letztem Mittel”, um in Einzelfällen “unzumutbare Härten” abzuwenden.
2015 hatten sich die Kirchen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zudem auf eine neue Form der Zusammenarbeit bei Fällen von Kirchenasyl geeinigt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zählte im vergangenen Jahr 2.065 Fälle von Kirchenasyl. Nach Angaben des Ökumenischen Netzwerks Asyl in der Kirche in NRW e.V. finden rund ein Drittel aller Kirchenasyle in Nordrhein-Westfalen statt, gefolgt von Bayern und Hessen.
Wie die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V. erklärt, sind die meisten Menschen im Kirchenasyl in den vergangenen Jahren syrischer oder afghanischer Staatsangehörigkeit; viele kämen auch aus dem Iran oder dem Irak. Zunehmend registriere man zudem Anfragen aus der Türkei und aus Russland.