Kirchen kritisieren „Entfesselungspaket“

Die Entscheidung für mehr verkaufsoffene Sonntage stößt bei den evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen auf Unverständnis

BIELEFELD/DETMOLD/DÜSSELDORF – Die evangelischen Kirchen haben die Landtagsentscheidung für mehr verkaufsoffene Sonntage in Nordrhein-Westfalen scharf kritisiert. „Der Schutz des Sonntags wird so weiter aufgeweicht“, erklärte die Präses der westfälischen Kirche, Annette Kurschus, in Bielefeld. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, sagte, die weitere Aushöhlung des grundgesetzlich verankerten Sonntagsschutzes, die die CDU-geführte Landesregierung nun durchgesetzt habe, führe in die falsche Richtung. Auch der lippische Landessuperintendent Dietmar Arends bedauerte die Entscheidung.
Der nordrhein-westfälische Landtag hatte am 21. März mit den Stimmen der Regierung das sogenannte „Entfesselungspaket I“ beschlossen. Dadurch wird unter anderem die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage auf jährlich acht verdoppelt.
Der Sonntag diene dem Menschen, weil er dem Einzelnen regelmäßig eine Atempause im Alltag und der Gesellschaft Zeit für Gemeinschaftliches verschaffe, erklärte Rekowski. Das sei ein hohes kulturelles Gut. Die weitere Aufweichung des Sonntagsschutzes über das geltende Ladenöffnungsgesetz hinaus bedeute eine zunehmende wirtschaftliche Verzweckung aller Lebensbereiche. „Wir lehnen es ab, dass der Sonntag immer mehr ein Tag des Kaufens und Verkaufens und nicht mehr ein Tag für den Menschen sein soll“, unterstrich der leitende Theologe der zweitgrößten deutschen Landeskirche.
Der Sonntag erinnere daran, dass Menschen nicht nur zur Arbeit geschaffen seien und ihre Würde nicht an ihrer Leistung hänge, ergänzte Kurschus. Die Möglichkeit des gemeinsamen Innehaltens, die Gestaltung der Sonn- und Feiertage mit Familie, Freunden oder in Vereinen seien von großer sozialer Bedeutung, sagte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen.
Der Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, Dietmar Arends, mahnte, der regelmäßige arbeitsfreie Tag sei eine große Errungenschaft und solle nicht leichtfertig ökonomischen Überlegungen geopfert werden. „Ich bedaure, dass diese Entscheidung so getroffen wurde und es nicht möglich war, die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten an Sonntagen noch einmal zu überdenken", sagte er in Detmold.
Die drei Landeskirchen hatten bereits in den vergangenen Monaten deutlich gegen die Pläne der Landesregierung Stellung bezogen. Unter anderem hatten sie zu einer Demonstration vor dem Landtag aufgerufen (siehe auch Kommentar Seite 5).epd