Kirche in Belgien
Belgien hatte in der jüngeren Kirchengeschichte große Bedeutung als Stätte der wissenschaftlichen Theologie und in der Mission. Nach den Missbrauchsskandalen steht zuletzt wie anderswo eher Krisenbewältigung im Zentrum. Vor allem die Universität Löwen (Leuven/Louvain) ist eine europaweit renommierte Stätte der wissenschaftlichen Theologie und speziell der Missionstheologie. Sie verlor allerdings etwas von ihrem Nimbus im flämisch-wallonischen Sprachenstreit der 1960er Jahre und durch die Trennung in zwei Hochschulen.
Die einstigen Österreichischen, also katholisch gebliebenen Niederlande stehen kirchlich nicht nur für sich selbst, sondern auch für den kolonial geprägten Katholizismus in Ostafrika, im Kongo (1885-1960) und in Ruanda-Urundi (1919/20-1962, heute Ruanda und Burundi). Dort entwickelten sich in den vergangenen Jahrzehnten mehr oder weniger starke Ortskirchen; viele Priester von dort wirken heute in Gemeinden Europas. Berühmtester Missionar aus Belgien war der heilige “Lepra-Pater” Damian de Veuster (1840-1889) auf Hawaii.
Beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) waren mindestens zwei Belgier Zugpferde der reformfreudigen Konzilsmehrheit: Kardinal Leo Suenens (1904-1996) von Mecheln als Mitglied des Konzilspräsidiums sowie der Dominikaner und Querdenker Edward Schillebeeckx (1914-2009) als Berater des niederländischen Kardinals Bernard Jan Alfrink.
Nach der Emeritierung von Suenens 1979 vermittelte sein liberaler Nachfolger Godfried Danneels (1933-2019) über 30 Jahre zwischen Flamen und Wallonen. Damit blieb die Kirche ein wichtiger Faktor für den Zusammenhalt der belgischen Gesellschaft.
Dies endete spätestens mit dem Einbruch der Missbrauchsskandale, mit denen Ansehen und gesellschaftliche Relevanz der Kirche sanken. Die in der älteren Generation noch stark verankerte Volksfrömmigkeit, die sich etwa an den wallonischen Marienerscheinungsorten Beauraing und Banneux manifestiert, schmilzt. Zu Belgiens reichem Kulturerbe gehören zahlreiche mittelalterliche Kirchenbauten, die 2013 ausgestorbene Tradition der klassischen Beginenhöfe Flanderns sowie diverse Orden und Klöster mit ausgeprägter Braukultur.