KI im Sprachunterricht – Zwischen Innovation und Grenzen

Vom Navigationssystem bis zum Kühlschrank: KI ist längst im Alltag angekommen. Auch in der Bildung hat sie Potenzial – und ihre Grenzen. Verlage stellen auf der Frankfurter Buchmesse ihre neuesten KI-Tools vor.

Ein Avatar begrüßt einen App-Anwender und korrigiert dessen Fehler, während er spricht? So könnte eine nicht allzu ferne Zukunft aussehen. Ganz so weit sind die Bildungsmedien hierzulande allerdings noch nicht. Doch der Weg wird geebnet. Einige Verlage stellen technische Lösungen mit Künstlicher Intelligenz bereit, die Sprachlehrende und -lernende unterstützen. Einen Überblick über ihren Fortschritt und ihre Ziele geben Hersteller auf der Frankfurter Buchmesse.

Lehrerinnen und Lehrer stehen aufgrund gewachsener Anforderungen häufig unter Druck. KI soll sie in den Bereichen unterstützen, wo es möglich ist, erklärt die Geschäftsführerin Marketing und Vertrieb von Cornelsen, Martina Fiddrich. Dafür gibt der Verlag eine “Toolbox für Lehrkräfte” heraus. Diese kann handschriftliche Texte lesen und korrigieren, Schulmaterial zu bestimmten Themen für unterschiedliche Leistungsniveaus erstellen als Text oder als Erklärvideo und die Route für einen Wandertag planen.

“KI bringt Motivation in den Unterricht”, sagt Verlegerin Michaele Hueber. Auch Hueber bietet digitale Unterlagen für Lehrkräfte im Bereich Erwachsenenbildung an – dabei kann KI beispielsweise Texte generieren oder als ein Mitglied in einer Gruppenarbeit unterstützen. KI-Schulungen sollen die Lehrkräfte mitnehmen und seien gut gebucht. Der Verlag bietet aktuell keine eigene KI-Software an, sondern setzt auf Technologiepartner.

Auf eine textbasierte Anwendung für den Bereich Deutsch als Fremdsprache setzt der Verlag telc. Eine KI korrigiert auf hohem Niveau und mit einem sehr präzisen Feedback deutsche Texte von Schülern. Für abstrakte Begriffe oder Redewendungen kann die KI Bilder generieren, um diese verständlich zu machen. In einer KI-Sprechstunde berät der Verlag außerdem Lehrende zu unterschiedlichen Programmen, die ChatGPT ähneln.

Pons Langenscheidt ist mit dem “Language Coach” auf dem Markt. Ein sprechender Avatar ist hier noch nicht zu sehen. Doch können Sprachenlernende individuell ihre Deutsch- und Englischkenntnisse mit KI-Unterstützung verbessern. Der Unterschied zu Lösungen ohne KI: Die Themen werden nicht fest vorgegeben, sondern können nach einer Eingabe frisch von der KI erstellt werden. Wer beispielsweise das Wort “Pflege” eingibt, bekommt Übungen mit dem entsprechenden Wortschatz. In Echtzeit erzeugt die KI etwa einen Lückentext, den eine Sprechstimme vorliest. Auch durch eine wählbare Ausgangssprache sind die Inhalte mehr auf den Nutzer zugeschnitten.

Hueber entwickelt in einem Pilotprojekt bereits eine “immersive Sprachwelt”. Also eine Sprachsituation, die dem Spracherwerb bei einer Muttersprache ähneln soll. “Chief digital Officer” Frank Ladd arbeitet daran: “Die Herausforderung ist der Dialekt”, erklärt er. Auch fremdsprachige Akzente seien für die KI sehr schlecht erkennbar. Das würde Nutzer zu sehr frustrieren, daher könne die App noch nicht herausgegeben werden.

Der Trend in der Bildung gehe zusehends in Richtung KI, legt Michaele Hueber dar. Grenzen sieht die Verlegerin beim Zugang zu Internet und damit der Frage der sozialen Gerechtigkeit der Technik. KI sieht sie daher nicht als den Standard, sondern als Ergänzung zum Lehrbuch. Auch der Datenschutz sei ein komplizierter Punkt. Denn sobald Anwendungen gleichzeitig von Lehrenden und Lernenden genutzt werden, seien die Schüler mit ihren Lernübungen “gläsern”.

Cornelsen bringt separate Anwendungen heraus. Die App aus der Schülerperspektive heißt KIM. Ein Chatbot begleitet die Lernenden bei ihren Aufgaben. Ein mögliches Ziel: Die Anwendung mit dem Lehrwerk zu verknüpfen, was auch den Übungsprozess sichtbar machen würde. Dabei müsse zwischen Lernfreiheit- und Kontrolle abgewogen werden. Durch Feedbacks holt sich der Verlag Informationen dazu ein, inwieweit dies gewollt ist. Alle Anwendungen seien datenschutzkonform und alle Eingaben gegenüber dem Verlag anonym.