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Keine “Parkhausatmosphäre” mehr für Hohenzollern-Gräber

„Jedes Ende erzählt eine Geschichte“, sagt der geschäftsführende Domprediger Stefan Scholpp auf der Baustelle der Hohenzollerngruft unterhalb des Berliner Doms. Damit meint er nicht nur das Ende des Lebens und die damit verbundenen Grabstätten des ehemaligen Herrschergeschlechts, sondern auch den Schlussspurt der seit mehr als fünf Jahren dauernden Baumaßnahmen in der Grablege. Anfang kommenden Jahres sollen wieder Besucher kommen dürfen.

Am Ende der sechsjährigen Bauzeit werden Kosten von rund 29 Millionen Euro stehen – fast 12 Millionen mehr als die ursprünglich geplanten 17,3 Millionen. Corona, Krieg in der Ukraine, die dadurch gestiegenen Preise im Bausektor, das alles habe die Kosten in die Höhe getrieben, erklärt Scholpp. Eigentlich sollten die Umbauarbeiten zu je 45 Prozent durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und durch das Land Berlin finanziert werden, zehn Prozent der Projektkosten wollte die Domgemeinde tragen.

Jetzt beträgt der Eigenanteil des Berliner Doms neun Millionen Euro aufgrund der Mehrkosten, die sich über den gedeckelten Förderrahmen hinaus ergeben haben. Ob sich die Familie Hohenzollern, mit der man „ausgesprochen gute Kontakte“ habe, daran finanziell beteilige? „Wir sind im Gespräch“, sagt der Domprediger. Über eine Erhöhung der Eintrittspreise nach Wiedereröffnung denke man noch nach.

Das Projekt begleitet den Berliner Dom bereits seit 2014, als eine Machbarkeitsstudie über die Sanierung der erst 1999 der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Gruft durchgeführt wurde. Die sei dringend notwendig gewesen, erklärt Dombaumeisterin Sonja Tubbesing. Feuchtigkeit und Wärme hatten den 91 Särgen aus fünf Jahrhunderten zugesetzt, die CO2-Belastung in dem Gewölbe sei hoch gewesen, die Beleuchtung schlecht. Eine „Parkhausatmosphäre“ habe geherrscht, die Särge waren weit voneinander entrückt.

Das soll sich mit Abschluss der Sanierungsarbeiten alles ändern. Eine Klimaanlage wurde installiert, die die empfindlichen Sarkophage bei 18 bis 21 Grad und 45 bis 55 Prozent Luftfeuchtigkeit schützen soll. Ein Aufzug und barrierefreie Sanitäreinlagen sollen den Besuch künftig allen möglich machen, die Särge sollen neu aufgestellt und angeordnet werden. Das soll, verbunden mit einem neuen Beleuchtungssystem, die Gruft andächtiger machen.

An einem neuen Altar, der sich unterhalb des Petrusaltars im Dom befindet, sollen künftig Gottesdienste abgehalten werden. Die Stelle hatte sich eigentlich Kaiser Wilhelm II., letzter Herrscher aus dem Haus Hohenzollern, als letzte Ruhestätte augesucht. Nach seiner Abdankung am 9. November 1918 ging er jedoch ins niederländische Exil, wo er verstarb. Wie Scholpp erzählt, habe Wilhelm II. in seinem Testament festgelegt, dass er in der Gruft begraben werden will – sobald die Monarchie in Deutschland wieder herrsche. Ein Begräbnis soll in der Grablege nicht mehr stattfinden, die letzte Bestattung war die der „namenlosen Prinzessin“ zu Zeiten der Weimarer Republik.

Ein Vermittlungsraum und ein interaktives Modell der Anlage sollen auf den Besuch vorbereiten. In der Grablege werde es keine inhaltliche Aufbereitung geben, es sei ja schließlich ein Friedhof und kein Museum, erklärt Tubbesing. Der „Friedhof“ befinde sich derzeit in einem nicht genannten Kunstdepot, wo die Sarkophage während der Bauarbeiten eingelagert sind.

Die 1.500 Quadratmeter große Gruft zählt zu den größten dynastischen Grablegen Europas, neben dem Escorial in Madrid und der Kaisergruft in Wien. Im Jahr 2019, dem letzten Jahr vor der Schließung, besuchten den Angaben zufolge rund 765.000 Menschen den 1905 fertiggestellten Berliner Dom und damit auch die Gruft. Vorbehaltlich einer reibungslos verlaufenden sicherheits- und bautechnischen Abnahme wird für das letzte Februarwochenende 2026 die Wiedereröffnung angepeilt.