Die Sparbemühungen der katholischen und der evangelischen Kirche führen in Wiesbaden zwei Kirchengemeinden zusammen: Im Anschluss an einen ökumenischen Gottesdienst am Pfingstmontag unterzeichnen die katholische Kirchortgemeinde St. Klara und die Evangelische Kirchengemeinde Klarenthal einen Vertrag über die Gründung eines ökumenischen Gemeindezentrums. Dabei wird die katholische Gemeinde ihr Gemeindezentrum aufgeben und in das nahegelegene evangelische Gemeindezentrum als Mieter einziehen. Das katholische Gemeindezentrum wird an die Stadt verkauft.
„Ich freue mich auf die katholische Spiritualität“, sagte der evangelische Pfarrer Alexander Liermann dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Ich hoffe auf eine Frischzellenkur.“ Beide Kirchengemeinden seien überaltert, die Gründung des Ökumenischen Gemeindezentrums Klarenthal könne eine neue Dynamik auslösen. Unter den Gemeindemitgliedern herrsche „einhellig Neugier und Vorfreude“. Die Kirchengemeinden pflegten eine lange und gute ökumenische Zusammenarbeit. „Es wächst zusammen, was zusammengehört“, sagte der Pfarrer.
Auch in finanzieller Hinsicht sei der Einzug der Katholiken in das bislang evangelische Gemeindezentrum hilfreich, sagte Liermann. Beide Gemeinden teilten sich künftig die Mietzahlungen an die Evangelische Gesamtgemeinde je nach Quadratmeter-Nutzung.
Der vielseitig nutzbare Kirchraum des bisher evangelischen Gemeindezentrums wird nach den Worten von Liermann verändert: Eine kleine Marienstatue wird auf einen Sockel an der Seite aufgestellt, ein Weihwasserbecken, ein Tabernakel für die Hostien, ein ewiges Licht und eine Priesterglocke angebracht.
Das katholische Bistum Limburg habe die Vorgabe erlassen, alle Pfarreien müssten ein Drittel ihrer Liegenschaften verkaufen, erklärte der Organisator des Umzugs des Kirchorts St. Klara, der frühere Gemeindeleiter Wolfgang Rollig, dem epd. Darunter falle das nicht unter Denkmalschutz stehende Gemeindezentrum St. Klara. Eine Dachsanierung stehe an, doch die Kirchengemeinde könne die benötigte halbe Million Euro nicht aufbringen.
Das Echo in der katholischen Gemeinde sei geteilt. „Viele sind über die Aufgabe des Gemeindezentrums traurig, aber viele freuen sich auf die Veränderung“, sagte Rollig. „Rational sehen es alle ein.“
Das Zusammenziehen sei auch inhaltlich sinnvoll, da die Mitglieder beider Kirchen in dem Stadtteil mit einem hohen Einwandereranteil eine Minderheit darstellten. Die Gemeinde wolle bis Ende des Jahres umziehen. Die Stadt werde das dann profanisierte St. Klara-Zentrum als Jugend- und Gemeinschaftszentrum nutzen. Beide Gemeindezentren mit Sakralraum wurden in den 60er Jahren in dem damals neu errichteten Stadtteil Klarenthal gebaut.
Den bislang beispiellosen Vertrag über die Raumnutzung und den Betrieb des ökumenischen Zentrums hätten die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau und das katholische Bistum Limburg zügig erstellt, sagte Liermann. Der Termin des Einzugs der Katholiken sei noch unklar, weil zuerst die Stadt den Kauftermin für St. Klara nennen müsse. „Dann wird es eine Prozession geben, und wir pflanzen gemeinsam einen Apfelbaum im Gemeindegarten“, kündigte der Pfarrer an.