„Katharina von Bora war unheimlich mutig“

Das ist ein Quotenerfolg für die ARD: 7,28 Millionen Zuschauer haben gesten den Fernsehfilm „Katharina Luther“ gesehen. Im Interview spricht Hauptdarstellerin Karoline Schuch über die Frau an der Seite des Reformators und beantwortet die Frage, was junge Frauen heute von der ehemaligen Nonne lernen können.

Szene aus dem Film: Katharina von Bora (Karoline Schuch), im Hintergrund ein Apotheker (li, Heiko Pinkowski) und Martin Luther (Devid Striesow)
Szene aus dem Film: Katharina von Bora (Karoline Schuch), im Hintergrund ein Apotheker (li, Heiko Pinkowski) und Martin Luther (Devid Striesow)epd/MDR/EIKON Sued/Junghans

epd: Frau Schuch, im vergangenen Jahr spielten Sie eine skeptische Journalistin, die auf dem Jakobsweg pilgert – jetzt schlüpfen Sie in die Rolle von Katharina von Bora, der Ehefrau des Kirchenreformators Martin Luther. Finden Sie es besonders reizvoll, als Schauspielerin fromme Figuren zu spielen?

Schuch: Es ist purer Zufall, dass beide Filme mit dem Glauben zu tun haben. Für mich besteht zwischen den beiden Produktionen keine Verbindung. Der einzige Zusammenhang ist, dass ich jeweils mit Devid Striesow spiele und Julia von Heinz Regie geführt hat. Ausschlaggebend für mich war, mit der Katharina eine Figur von ihren jungen Jahren bis ins hohe Alter spielen zu können, das ist ein schöner Spielbogen und eine besondere Entwicklung. Diese Gelegenheit gibt es nicht oft.
Was hat Sie an Katharina von Bora fasziniert?
Ich wusste von ihr vorher nichts. Ich wusste noch nicht einmal, dass Luther eine Frau hatte. Also musste ich recherchieren und mir die Figur erarbeiten. Katharina von Bora war für ihre Zeit unheimlich mutig. Sie ist mit Anfang 20 aus dem Kloster ausgebrochen, hat nicht den Mann geheiratet, der ihr vorgesetzt wurde und begab sich selbst auf die Suche. Was für heutige Verhältnisse völlig normal ist – auch der Gedanke, gar nicht zu heiraten und als Singlefrau durchs Leben zu ziehen, ohne zur persona non grata zu werden – das war im 16. Jahrhundert undenkbar.
Also war Katharina von Bora emanzipiert?
Als emanzipiert hätte sie sich sicher nicht beschrieben, das Wort gab es so wahrscheinlich auch noch gar nicht. Sie war eine sehr zielstrebige, energische und willensstarke Frau. Aber ich war wirklich überrascht, dass es von ihr nichts Überliefertes gibt. Es existieren zum Beispiel keine Schriftstücke. Viele Briefe von Luther an sie sind noch erhalten. Aber Katharina von Boras Antworten auf Luther kann man nicht nachlesen. Es hat mich entsetzt, dass es offenbar nicht für relevant gehalten wurde, was Luthers Frau so zu sagen hatte.
Im Film ist Luthers Ehefrau die Managerin für alles: Sie sorgt fürs Geld, gibt dem Ehemann Denkanstöße. Es wird angedeutet, dass sie teilweise sogar Luthers Predigten geschrieben hat. Wie nah kommt die Fiktion der Realität?
Das weiß leider keiner. Ich denke, dass sie eine sehr starke Frau war. Überliefert ist, dass sie mit an den Tischgesprächen teilgenommen hat. Was Katharina von Bora dabei zu sagen hatte, wurde nicht aufgeschrieben. Aber sie war dabei und das war völlig neu. Die Luthers haben Reformation schon innerhalb der Familie gelebt.
Was kann denn heute für junge Frauen an der ehemaligen Nonne inspirierend sein?
Mir ist der Satz hängengeblieben, dass Luther in dem Film sagt: "Ich möchte ein ganzes Leben leben." Und Katharina ist von diesem Satz fasziniert. Diese Idee kann man auch heute als junger Mensch – als Frau und auch als Mann – mitnehmen. Dinge auch mal auszuhalten oder aber auch Dinge zu ändern, die einem nicht gefallen. Für Martin und Katharina Luther bedeutet es, zusammen eine Familie zu gründen mit allem, was dazu gehört.
Die evangelische Kirche feiert in diesem Jahr den 500. Jahrestag des Thesenanschlags von Martin Luther. Schlägt sich das Reformationsjubiläum 2017 privat in ihren Planungen nieder?

Nein, ich plane für mich kein extra Martin-Luther-Jahr. Ich finde aber gut, dass die ARD in das Thema mit einem Film über Katharina von Bora einsteigt. Das Reformationsjubiläum soll ja nicht nur für gläubige Menschen interessant sein. Dem Film gelingt ein Zugang zu Luther für viele Menschen, weil er Geschichte aus dem Familienzusammenhang heraus erzählt und weil er nicht zu theologielastig, sondern sehr emotional ist. (epd)