Karwoche in Jerusalem wegen Gaza-Krieg in kleinerem Rahmen

An das Leiden Christi erinnern, in einer leidvollen Zeit – Vor dem Hintergrund des Krieges begehen Christen im Heiligen Land die Tage vor dem Osterfest. Wie schon zu Weihnachten in deutlich kleinerer Runde als sonst.

Mit würdevollen Zeremonien haben die Christen Jerusalems inmitten von Krieg und Spannungen die „heiligen drei Tage“ vor dem Osterfest eröffnet. Den Abendmahlsgottesdienst am Gründonnerstag leitete der Lateinische Patriarch Pierbattista Pizzaballa in der Grabeskirche bereits am Vormittag; nach dem Status quo, der die Gebetszeiten der insgesamt sechs christlichen Konfessionen in dem Heiligtum regelt.

Paradoxerweise machten die schmerzhaften aktuellen Umstände es leichter, das „schwierige Ostergeheimnis“ an den Wirkungsstätten des irdischen Jesus zu begreifen, sagte der Kardinal in seiner Predigt. Nicht so sehr wegen komplizierter dogmatischer Fragen, sondern wegen der Lebenssituation: Die gegenwärtigen Umstände unterschieden sich nicht von denen vor 2.000 Jahren. „Wie damals wird auch heute der Wunsch nach Frieden allzu leicht mit der Notwendigkeit des Sieges verwechselt.“

Wie bereits zu Weihnachten sind auch diesmal die wenigen einheimischen Christen weitgehend unter sich. Wegen des Kriegs in Gaza und vieler Reisewarnungen kommen kaum ausländischen Besucher oder Pilger ins Land. Andere, etwa die arabischen Christen aus dem Westjordanland dürfen nicht anreisen: Jerusalem ist für sie seit dem Hamas-Angriff am 7. Oktober tabu. Noch wird spekuliert, ob es ein gewisses Kontingent an Passierscheinen für die Pfarreien geben wird. Allerdings kommen in diesen Tagen wieder erste größere Pilgergruppen. So traf Italiens Organisation „Pellegrinatio Romano“ am Gründonnerstag wieder mit einer ersten Pilgergruppe von 20 Personen aus Rom ein.

Bei der Gründonnerstagsfeier in der Grabeskirche wusch Pizzaballa sechs Schülern und sechs Dozenten der Jerusalemer Terra-Santa-School in Erinnerung an die Demutsgeste Jesu die Füße. Anschließend erneuerten 150 im Heiligen Land tätige Kleriker aus vielen Nationen ihr Priesterversprechen.

Die deutschen Benediktiner auf dem Zionsberg feierten ihren Gottesdienst erst am Abend des Gründonnerstag. Abt Nikodemus Schnabel vollzog die symbolische Fußwaschung an Studierenden des soeben beendeten „Jerusalemer Studienjahres“, weiter an Ehepaaren, Journalisten aber auch an mehreren Würdenträgern von Ostkirchen. Erneut hatte die Dormitio Abtei Vertreter anderer Kirchen zu diesem hochbedeutsamen kirchlichen Fest eingeladen, und die Patriarchate der Griechisch-Orthodoxen, der Kopten, Armenier und Syrer sowie die Lutheraner entsandten Vertreter. „Wir haben natürlich ökumenisch unterschiedliche Geschwindigkeiten“, sagt Schnabel. In den Kontakten müsse sich zeigen, welche Gemeinsamkeiten möglich seien.

Auch der unter israelischer Staatskontrolle stehende Abendmahlssaal auf dem Zionsberg, in dem Jesu nach der Tradition das letzte Mahl mit seinen Jüngern vor seiner Verhaftung und Kreuzigung feierte, war an diesem Tag in die christlichen Etappen einbezogen. Ausnahmsweise dürfen die Christen an diesem Tag den sonst als Museum dienenden Raum für einen Gottesdienst nutzen. Franziskaner-Kustos Francesco Patton, der im Auftrag des Papstes für die Heiligen Stätten im Heiligen Land zuständig ist, leitete die Zeremonie, an der wegen der delikaten politischen Sachlage auch der für Israel sowie für „Jerusalem und Palästina“ zuständige Vatikan-Diplomat, Erzbischof Tito Yllana, teilnahm. Für den späteren Abend waren dann Gebetsstunden in der Basilika von Gethsemane und in Gallicantu vorgesehen, in denen Jesus seine letzten Stunde in Freiheit betend verbracht haben soll.

Festlicher Auftakt der Jerusalemer Karwoche war die große Prozession vom Ölberg zur Altstadt am Palmsonntag. Zwar nahm diesmal nicht einmal die Hälfte der sonst bis zu 6.000 Gläubigen teil. Aber vor allem internationale Ordensleute erinnerten mit Liedern und Tänzen, mit Hosianna-Rufen und Trommeln an den triumphalen Einzug Jesu vor 2.000 Jahren in Jerusalem.

Man feiere „ohne Pilger und ohne so viele unserer Brüder und Schwestern aus so vielen Teilen unserer Diözese, die sich uns nicht anschließen konnten“, sagte Kardinal Pizzaballa in einer sehr emotionalen Ansprache. Die Nachfolge Christi bedeute auch, den Weg des Kreuzes auf sich zu nehmen. Einen Weg, „den wir leider gut kennen, denn unser gewöhnliches Leben ist oft ein Kreuzweg, ein schmerzhafter Weg, der von vielen Hindernissen, Missverständnissen, Ablehnungen und Feindseligkeiten aller Art geprägt ist. Doch das entmutigt uns nicht.“ Vielmehr bekräftige es die Christen in ihrer „Liebe zu Jesus, zu seiner Stadt und zu seinem Land, das auch unseres ist. Ein Land, das heilig ist, aber verwundet, weil es von so viel Hass und Groll heimgesucht wird“. Davon dürften sich die Christen nicht anstecken lassen, sagte er unter Applaus.

Und mit Nachdruck rief er die Weltkirche zu Pilgerfahrten ins Heilige Land auf. „Haben Sie keine Angst, kehren Sie nach Jerusalem und ins Heilige Land zurück! Ihre Anwesenheit ist immer eine Präsenz des Friedens, und wir brauchen heute aufrichtig Frieden. Mögen Sie kommen und uns Ihren Frieden bringen.“