Käßmann: Protestanten entdecken Maria wieder neu

Für Protestanten war sie lange ein Tabu. Doch für Luther-Botschafterin Käßmann sollte die Figur auch für evangelische Christen ein Vorbild sein.

Maria, Josef und das Jesuskind in einer Stoffmalerei aus Nepal
Maria, Josef und das Jesuskind in einer Stoffmalerei aus NepalDieter Schütz / pixelio

Güstrow. Die Figur der Maria ist nach den Worten von Luther-Botschafterin Margot Käßmann auch ein Vorbild für evangelische Christen. Die Jesus-Mutter sei für Protestanten lange Zeit ein Tabu gewesen, um sich von der katholischen Kirche abzugrenzen. Dabei sei Martin Luther ein "Fan" Marias gewesen, sagte die frühere Landesbischöfin im ZDF-Gottesdienst aus dem Krippenmuseum im mecklenburgischen Güstrow. Die Vielfalt der Krippen aus aller Welt belege ihre unterschiedlichen Facetten. Maria zeige sich auch als zornige, selbstbewusste junge Frau, die von Gerechtigkeit auf Erden träumt.
Die Krippenszene im Stall von Bethlehem werde in allen Kulturen unterschiedlich dargestellt, sagte Käßmann. So würden Maria und Josef an der Krippe von den Philippinen einen Lendenschurz tragen. Der "Stall von Bethlehem" könne auch ein Iglu oder eine Rundhütte sein. Angesichts der Flüchtlinge sollten Christen wachsam sein, wo sie in unseren Städten und Dörfern der Heiligen Familie begegnen. Der "Stall" sei möglicherweise eine Turnhalle, der Hirte ein junger Mann aus Eritrea und der Schatz aus dem Morgenland eine warme Suppe. 

Heilige Familie als Punks

Präsentiert wurde im Gottesdienst auch eine Heilige Familie als Punks: Maria stammt offenbar aus Asien, Josef aus Afrika, und eine Plastikplane bietet Schutz. Sie habe als Sozialarbeiterin kurz nach der Wende mit Punks zu tun gehabt, die in Parchim ein Haus besetzt hatten, sagte die Künstlerin Irla Wolf. "Eigentlich ganz nette junge Leute." Der Skinhead zerbricht an der Krippe seinen Baseballschläger zu Feuerholz. Auch Skins und Neonazis seien von Gott an die Krippe eingeladen, sagte Käßmann. Sie müssten dann aber auch die Friedensbotschaft Jesu wahrnehmen.
Präsentiert wurde im Gottesdienst auch eine Krippe aus Mali, die aus Insektizid-Behältern gefertigt wurde. Die Krippe eines obdachlosen Künstlers aus Kalkutta stand neben einer Krippe aus kostbarem venezianischem Murano-Glas.

Mehr als 600 Krippen

Das Krippenmuseum befindet sich seit knapp zehn Jahren in der kleinen Heilig-Geist-Kirche in Güstrow. Zuvor wurde die verfallene Kirche als Baulager genutzt. Mehr als 600 Weihnachtskrippen aus über 80 Ländern gehören zum Fundus. Die meisten davon hat die Hamburgerin Mechthild Ringguth (1928-2010) gestiftet, die jahrzehntelang weltweit Weihnachtskrippen gesammelt hat. (epd)