Kämpfer für die Menschenrechte

Der Leiter des Eine Welt Zentrums in Herne geht in den Ruhestand. Was ist gelungen? Was bleibt zu tun?

20 Jahre lang leitete Martin Domke (66) das Eine Welt Zentrum in Herne. Vorher war er Pfarrer in zwei Gemeinden im Ruhrgebiet und in der Demokratischen Republik Kongo. Im Gespräch mit Karin Ilgenfritz blickt er auf seine 35-jährige Tätigkeit als Pfarrer zurück.

Zwei Jahrzehnte haben Sie das Eine Welt Zentrum in Herne geleitet. Es hat einen Ruf über den Kirchenkreis hinaus. Woran liegt das?
Martin Domke: Das Zentrum war nie auf den Kirchenkreis konzentriert. Mein Vorgänger Harald Rohr hat das Zentrum aufgebaut. Ihm lagen damals schon vor allem Menschenrechtsfragen am Herzen. Er hat bereits mit anderen Organisationen und Initiativen zusammengearbeitet. Das ist auch so geblieben. Wir sind keine Einzelspieler, sondern eingebunden in Netzwerke. Wir arbeiten eng mit Partnerorganisationen zusammen wie zum Beispiel mit der Vereinten evangelischen Mission (VEM) oder mit Brot für die Welt.

Dann hängt die überregionale Bedeutung mit dem Einsatz für Menschenrechte zusammen?
Auch. Wir setzen uns schon lange ein für Opfer von Menschenhandel. Wir sind so eine Art Gemischtwarenladen, was Menschenrechtsfragen und -anliegen angeht. Aber auch in der Partnerschaftsarbeit mit Kirchen weltweit oder im Fairen Handel sind Menschenrechte ja das Kernanliegen.

Apropos Fairer Handel. Da war die Aktion zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006.
Da haben wir mit der Landeskirche und anderen eine große Kampagne gestartet. Sie nannte sich Fairplay-Fairlife.  Es ging darum, für fair hergestellte Fußbälle zu werben und darüber die Menschen für faires Wirtschaften zu gewinnen, also insgesamt mehr Bewusstsein zu schaffen.

Die Partnerschaftsarbeit liegt Ihnen vermutlich auch aus persönlichen Gründen am Herzen. Sie waren Pfarrer in der Demokratischen Republik Kongo.
Die Wurzeln reichen noch weiter zurück. Ich wurde in einer Pfarrersfamilie groß, bin aufgewachsen in Bethel in Bielefeld. Wir hatten als Familie schon immer Menschen aus anderen Ländern zu Gast. Später habe ich unter anderem in England studiert und bin dann mit Harald Rohr und seiner Partnerschaftsarbeit in Kontakt gekommen. So kam ich dann auch dazu, über die VEM eine Pfarrstelle im Kongo anzunehmen.

Wie lange waren Sie da?
Fünf Jahre. Von 1990 bis 1995. In diese Zeit fiel die Katastrophe des Völkermords in Ruanda. Da haben wir noch über ein Jahr in der humanitären Hilfe gearbeitet. Wir mussten schließlich nach Deutschland zurück, weil es einfach zu gefährlich wurde für uns. Aber das Thema Menschenrechte ließ mich nicht mehr los.

Schließlich wurden Sie Nachfolger für Harald Rohr. Was ist in diesen 20 Jahren im Eine Welt Zentrum gut gelungen?
Die Partnerschaftsarbeit hat sich professionalisiert. Wir haben Projektarbeit mit der Partnerkirche erlernt, und durch meine persönlichen Kontakte konnten wir zum Beispiel Denis Mukwege für den Kirchentag gewinnen. Er ist Arzt und Friedensnobelpreisträger aus der Demokratischen Republik Kongo.
Außerdem sind wir gut aufgestellt im Bereich der Arbeit mit Geflüchteten. Da ist vor allem seit 2015 eine Herausforderung. Da haben wir ein hohes professionelles Niveau erreicht und werden auch von den Kommunen geschätzt.

Das gleiche gilt vermutlich auch für den fairen Handel, oder?
Herne ist, wie viele andere Städte im Ruhrgebiet, eine Fairtrade-Stadt. Das ist schon auch harte Arbeit. Man kann leicht Plaketten verteilen, aber das muss dann eben von der Verwaltung umgesetzt werden. Da sind die dicksten Bretter zu bohren. Dass eben wirklich in allen Amtsstuben fairer Kaffee getrunken wird. Oder dass konsequent mit Firmen zusammengearbeitet wird, die ihre Produkte aus dem fairen Handel beziehen.

Gibt es auch etwas, was in den letzten Jahren nicht so gelungen ist?
Ich denke oft: Wir könnten mehr tun. Wir sind doch eine weltweite Kirche. Manchmal stelle ich eine zunehmende Ermüdung fest. Wir stecken zu viel Energie in Fragen wie: Wie können wir als Gemeinde überleben? Stattdessen sollten wir größer denken und Bezug zu anderen Bereichen herstellen wie etwa der Diakonie. Diakonie ist auch immer Aufgabe in der Gemeinde, man kümmert sich umeinander. Ich glaube, die Strukturen, die wir jetzt haben, sind nicht zukunftsfähig.

Wie geht es mit dem Eine Welt Zentrum weiter?
Meine Stelle wird wieder neu besetzt. Acht Hauptamtliche arbeiten im Zentrum – neben vielen Ehrenamtlichen. Menschenrechtsarbeit ist nie zu Ende, sie ist notwendig und erfüllend.

Ab September beginnt für Sie ein neuer Lebensabschnitt – Rente. Wie blicken Sie dem entgegen?
Ich werde auf jeden Fall weiter ehrenamtlich tätig sein. Da gibt es manche Anfragen. Außerdem habe ich zwei Enkelkinder. Ich freue mich darauf, mit ihnen mehr Zeit zu verbringen. Ich freue mich auf die Freiheit und schaue, was sich ergibt. Hanns-Dieter Hüsch hat mal gesagt: „Gott will uns heiter sehen.“ Das finde ich wichtig, gerade in unserer Zeit. Das nehme ich auch mit in meinen neuen Lebensabschnitt.