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Juristin: Verzerrte Berichte schüren Kritik an “Kuscheljustiz”

“Nur zwei Jahre auf Bewährung für diese Gräueltat?” – Solche empörten Reaktionen schüren manche Medien, kritisiert eine Strafrechtlerin. Journalistische Berichterstattung könne jedoch auch zum Fortschritt beitragen.

Mediale Berichterstattung spielt laut einer Strafrechtlerin eine große Rolle in der Wahrnehmung von Kriminalität und Strafverfahren. Medien könnten ein Motor für Entwicklungen im Strafrecht sein, sagte Elisa Hoven am Dienstagabend bei einer Veranstaltung des Fischer-Verlags. “Das Recht ist nichts Statisches, sondern das Recht dieser Gesellschaft. Wenn sie sich verändert, muss das Recht das ein Stück weit abbilden.”

Es sei klar, dass Berichte über Gerichtsprozesse die Realität verkürzt wiedergäben, so die Autorin. Manche Medien erfüllten diese Aufgabe wunderbar, während andere beispielsweise Täter dämonisierten. “Diese verkürzte, skandalisierende Darstellung ist sehr problematisch.” Solche Verzerrungen schürten öffentliche Kritik an einer vermeintlichen “Kuscheljustiz”.

Ihr sei es ein Anliegen zu vermitteln, warum das Recht so sei, wie es sei und warum manche Urteile womöglich nicht gerecht erschienen, aber trotzdem richtig seien, betonte Hoven. “Gerade zur Zeit ist es eine gesellschaftliche wichtige Aufgabe, in einige Diskussionen etwas Ruhe hineinzubringen.”

Am 26. Februar erscheint der erste Roman der Leipziger Professorin, “Dunkle Momente”. 2023 hat sie ein Sachbuch über digitalen Hass veröffentlicht sowie ein Kinderbuch zusammen mit Juli Zeh. Kinder hätten ein großes Gerechtigkeitsempfinden und Interesse an Fragen nach Recht und Gerechtigkeit, erklärte Hoven.

Die Arbeit am Roman habe ihr besondere Freude bereitet, fügte die Autorin hinzu: “Das Gefühl, Verbrechen nicht nur aus juristischer Sicht zu betrachten, sondern sich zu fragen, was die Täter dazu gebracht hat, was es mit Opfern und deren Angehörigen macht.” Der Titel ihres neuen Buchs rühre daher, dass mitunter ein einziger Moment alles verändere und – für Täter wie auch Betroffene – über ihr weiteres Leben entscheide.