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Jugendsiedlung Hochland hat seit 75 Jahren Nöte der Jugend im Blick

Vom Waisenhaus zur Jugendbildungsstätte mit Umweltstation: Die Jugendsiedlung Hochland in Königsdorf (bei Bad Tölz) feiert mit einem Tag der offenen Tür am Samstag (12. Juli) ihr 75-jähriges Bestehen. Ziel sei noch immer, „Kindern und Jugendlichen in den Nöten ihrer Zeit beizustehen“, sagte Betriebsleiter Roland Herzog im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Während es dabei bis Mitte der 1950er-Jahre um die Unterbringung von Kriegswaisen ging, stünde heute der schwindende Freiraum für die persönliche Entwicklung junger Menschen im Fokus. „Je mehr Raum die Schule durch Ganztagskonzepte bekommt, desto weniger Freiraum bleibt übrig, um sich ohne Aufsicht und Bewertung auszuprobieren und seine Fähigkeiten kennenzulernen“, erklärte der Pädagoge. Außerschulische Bildungsorte wie die Jugendsiedlung Hochland böten dafür vielfältige Möglichkeiten, sowohl in der Bildungsstätte wie auch im Zeltlagerbereich.

Neu ist laut Herzog seit Sommer 2024 ein Konzept zur Verknüpfung von Erlebnispädagogik und politischer Bildung. Auf dem Gelände der Jugendsiedlung hätten von 1936 bis 1945 Zeltlager der Hitlerjugend stattgefunden; mit dem alten Wasserturm stehe ein Relikt dieser Zeit am Ende des Naturerlebnispfads. „Wir haben diesen stummen Zeitzeugen reaktiviert und eine Kletterwand daran angebracht“, berichtet der Betriebsleiter. Beim Klettern könne man hinter die Fassade blicken; so entstünden automatisch Fragen zur Herkunft des Turms, die dann von den geschulten Kletterbegleitern thematisiert würden. So kämen Jugendgruppen über das Kletterevent zu grundlegenden Fragen der Demokratiebildung.

Die Jugendsiedlung Hochland ist eine von zwölf bayerischen Jugendbildungsstätten. Zu ihr gehört seit 1996 die erste Umweltstation Bayerns, seit 2014 gibt es eine Kooperation mit der Isartalsternwarte auf dem Gelände der Siedlung. Rund 55.000 Übernachtungen verzeichnete der Trägerverein laut Jahresbericht 2024. Davon entfällt ein Drittel auf das Übernachtungshaus, das in naher Zukunft für etwa sieben Millionen Euro generalsaniert werden muss, um die nötigen Standards bei Energie, Brandschutz und Prävention zu erfüllen. Zwei weitere Drittel der Übernachtungen verteilen sich auf das Hüttendorf und die Zeltlagerwiesen, die vor allem bei kirchlichen Jugendgruppen, aber auch bei Pfadfindern oder Sportgruppen gefragt sind.

Rund 80 Prozent der Einnahmen erwirtschaftet die Jugendsiedlung durch die Übernachtungen, der Rest komme aus „15 bis 20 verschiedenen Fördertöpfen“, so der Betriebsleiter. Die gestiegenen Energie-, Personal- und Lebensmittelkosten sieht Herzog deshalb mit Sorge, weil sie auf die Teilnehmerpreise umgelegt werden müssen. Manche Kinder und Jugendliche würden deshalb nicht mehr auf Schulfreizeiten mitfahren. „Das bereitet uns Sorgen, denn wenn Teile des Sozialgefüges fehlen, führt das zu Ausgrenzung und Konflikten“, so der Pädagoge. (2260/10.07.2025)