“Jugendliche bei Aids auf den Stand bringen”

Wissenslücken und diffuse Ängste: Beim Thema Aids sind Aufklärung und Prävention laut Expertenmeinung nach wie vor nötig. „Aids wird nicht durch Küssen übertragen, und es gab 2023 in Deutschland keine einzige Infektion durch Bluttransfusion oder bei Menschen, die in Medizin und Pflege beschäftigt sind“, sagte Alois Gerbl von der Münchner Aids-Hilfe im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch der bloße Hautkontakt mit Blut sei kein Übertragungsweg, erklärte der Sozialpädagoge, der für den Verein die Präventionsangebote an Schulen organisiert, zum Welt-Aids-Tag (1. Dezember).

Bei Jugendlichen erlebt Gerbl häufig ein Informationsdefizit. Denn anders als zur Hochphase der Krankheit in den 1980er- und 1990er-Jahren bekomme HIV heute kaum noch mediale oder öffentliche Aufmerksamkeit. Das liege auch daran, dass die Zahlen deutlich gesunken seien. Man müsse Jugendliche deshalb „auf den Stand bringen“, statt sich auf den Errungenschaften der letzten 20 Jahre auszuruhen. Sonst könnten im schlimmsten Fall die Infektionszahlen auch wieder steigen.

Für die Aufklärung empfiehlt Gerbl eine Mischung aus Information und Entertainment. „Ich mache Veranstaltungen mit 400 Jugendlichen im Kinosaal, mit Handy-App und Live-Gespräch via Zoom mit einer Betroffenen, da sind alle voll dabei“, sagt der Experte. Im Fokus stünden die Fragen, wie man sich selbst vor Ansteckung schützt, wie Menschen mit Aids leben und wie man mit ihnen umgeht. Denn viele Betroffene würden noch immer diskriminiert – meist sei Unwissenheit der Grund dafür.

Trotz des Rückgangs der Zahlen habe HIV in der Gruppe der sexuell übertragbaren Krankheiten noch immer eine Sonderrolle, weil es nicht heilbar sei und eine lebenslange Therapie erfordere. Insgesamt rät der Sozialpädagoge Jugendlichen jedoch zu einem bewussten, aber nicht ängstlichen Umgang mit dem Thema. „Es geht um die persönliche Risikoabwägung“, sagt er. Und das größte Infektionsrisiko sei für die meisten Jugendlichen ungeschützter Sex. Grundsätzlich könne HIV jeden treffen; dennoch trügen beispielsweise homosexuelle Männer oder Drogenkonsumenten ein höheres Risiko. Prävention an Schulen sei deshalb wichtig, weil man dort „zu einem sehr frühen Zeitpunkt“ die nächste Generation gefährdeter Personen erreiche.

Laut Aidshilfe lebten im Jahr 2023 rund 96.700 Menschen in Deutschland mit HIV, 87.600 davon nahmen Medikamente. 8.200 Menschen wiederum wussten Hochrechnungen zufolge nichts von ihrer Infektion. Die Zahl der Neuinfektionen lag bei etwa 2.200. In Bayern lebten laut bayerischem Gesundheitsministerium Ende 2021 etwa 12.200 Menschen mit HIV, die Neuansteckungen lagen bei rund 200 pro Jahr. (00/3790/29.11.2024)