Joachim Herrmann: “Ich wollte nie Abschiebeweltmeister sein”

Bayerns oberster Ordnungshüter offenbart Skrupel im Zusammenhang mit der Ablehnung mancher Asylbewerber. In Härtefällen zählt für ihn nicht nur, was im Gesetz steht, sondern auch, was ihm sein christliches Gewissen sagt.

 Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hadert mit manchen behördlichen Ablehnungen von Asylgesuchen. “Ich bin froh, dass wir eine Härtefallkommission haben, in der auch Vertreter der Kommunen, der freien Wohlfahrtspflege und der Kirchen sind”, sagte Herrmann der “Süddeutschen Zeitung” (Freitag) in München. Er respektiere, wenn diese Kommission in bestimmten Fällen für ein Bleiberecht plädiere. Der Minister sagte, es landeten “vergleichsweise viele Fälle” bei ihm. Bei solchen Entscheidungen sei sein christlicher Glaube “natürlich eine Richtschnur”.

Der Minister sagte: “Ich wollte nie Abschiebeweltmeister sein.” Es gehöre aber zu seinem Job, dass er manchen Leuten sagen müsse: “Ihr müsst unser Land verlassen.” Die bayerische Praxis bezeichnete er in diesem Zusammenhang als “angemessen und konsequent”. In Bayern gebe es eine stattliche Zahl an freiwilligen Ausreisen. Sein Ziel sei, dass Leute ohne eine Chance auf ein Bleiberecht gar nicht erst in Deutschland ankämen.

In einzelnen Fällen komme er aber “schon ins Grübeln”, räumte Herrmann ein. “Wenn jemand sagt: Ich bin jetzt Christ und deshalb gefährdet, wenn ich in den Iran zurückmuss. Aber wenn ich mir dann das Urteil des Verwaltungsgerichts anschaue, das sich stundenlang mit dem Fall beschäftigt hat und sagt: Der hat überhaupt keine Ahnung vom christlichen Glauben, alles nur vorgeschoben. Steht mir dann zu, dass ich sage: Ich weiß es besser? Hm. Trotzdem bleibt mein christlicher Glaube entscheidend für viele Gewissensentscheidungen.”

Der Innenminister sagte, er könne sich aber nicht reihenweise über gerichtlich bestätigte Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hinwegsetzen. Eine pragmatische Lösung werde in der Regel gefunden, “wenn einer dem Sozialstaat nicht zur Last fällt, wenn ihn sein Arbeitgeber langfristig beschäftigen will, er nicht vorbestraft ist und seine Identität geklärt ist”. Wenn er aber dann feststelle, dass einer wegen schwerer Körperverletzung verurteilt wurde, “dann ist das halt einer, der unser Land verlassen muss – auch wenn der Flüchtlingsrat sagt, das sei der netteste Mensch”.