Jeder braucht mal eine Auszeit

Urlaub in der Stille der Berge. Beim Wandern kommen mir Gedankenfetzen und Fragen, die ich im Alltag nicht oder nur selten habe. So ärgerte ich mich ein wenig über die religiöse Sprache mit der die Medien unsere Nationalspieler verehren. „Wir verneigen uns in Demut vor Euch, ihr Helden!“. Grundgütiger! … Von Veit Hoffmann

Von Veit Hoffmann

Urlaub in der Stille der Berge. Beim Wandern kommen mir Gedankenfetzen und Fragen, die ich im Alltag nicht oder nur selten habe. So ärgerte ich mich ein wenig über die religiöse Sprache mit der die Medien unsere Nationalspieler verehren. „Wir verneigen uns in Demut vor Euch, ihr Helden!“. Grundgütiger! Auf einer Facebook-Seite hat jemand ein VaterUnser auf den Fußballgott Müller gepostet. „Dein Müller komme, sein Spiel geschehe … vergib ihm seine Fouls…“. Beim Wandern lasse ich aber auch solche Gedanken hinter mir. Ebenso die Frage, weshalb die Bundeskanzlerin stets in der Umkleide der Spieler erscheinen muss. Kann sie nicht warten, bis alle geduscht und angezogen sind? Mir wäre es peinlich, halb nackt von ihr besucht zu werden. Na ja, auch solche Gedanken fallen beim Wandern ab.

Doch ob Jesus selbst auch einmal Urlaub machte, hat mich dann doch beschäftigt. Er tat es! In Matthäus 15 sagt er zu seinen Jüngern: Lasst uns nach Tyros gehen, dort kennt uns keiner. Tyros, die sagenumwobene Hauptstadt der Phönizier, dem reichen Seefahrervolk. Das St. Tropez des Altertums. Eine „Perle“ soll diese Hafenstadt damals gewesen sein. Ein Zentrum weltweiten Handels. Direkt am Mittelmeer gelegen, im heutigen Libanon. Hier blieb er einige Wochen mit seinen Jüngern. Wahrscheinlich um sich zu erholen. Zu viele Menschen waren ihm auf den Leib gerückt und beobachteten ihn: Die Pharisäer, die ihm Verfehlungen nachweisen wollten, ihn in lange Diskussionen verwickelten; viele, die sich von ihm ein Wunder erhofften, und all jene, die in ihm den Messias sahen. Ihm wird es ergangen sein wie einem Superstar, der keinen unkommentierten und unbeobachteten Schritt machen kann. Wie er die Wochen dort verbrachte ist bei Matthäus nicht zu lesen. Ob er sich einige der berühmten Glas- und Keramikwerkstätten anschaute, über die Basare streifte, in denen die begehrten Textilien in purpurner Farbe leuchteten oder einfach im herrlichen Blau des Mittelmeeres schwamm … wer weiß das schon. Es ist auch egal. Sicher ist: Er nahm sich eine Auszeit dort, wo ihn keiner erkannte. Ich glaube, dass er diese Wochen brauchte, um Abstand zu gewinnen und Kraft zu tanken. Wir alle brauchen solche Zeiten.

Ich wünsche Ihnen eine erholsame Ferienzeit!