Jan Philipp Reemtsma spricht über „Belangloswerden der Religion“

Der Hamburger Literatur- und Sozialwissenschaftler Jan Philipp Reemtsma (70) hält im Rahmen der Poetikdozentur an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien eine Vorlesung. Am 11. Dezember spricht der Publizist über den Wegbereiter der klassischen Deutschen Literatur und der Aufklärung, Christoph Martin Wieland (1733-1813), und das „Belangloswerden des Religiösen“. Mit Wieland, zusammen mit Goethe, Schiller und Herder das klassische „Viergestirn“ von Weimar, befasst sich Reemtsma seit seiner Dissertation. Jüngst legte er die Biografie „Christoph Martin Wieland – Die Erfindung der modernen deutschen Literatur“ vor.

Reemtsma wurde international bekannt, als er 1996 entführt und erst nach einer Zahlung von 30 Millionen D-Mark Lösegeld freigelassen wurde. Heute gilt der Fabrikantensohn als einer der 150 reichsten Deutschen, der sein Vermögen über Stiftungen immer wieder zur Förderung von Literatur, Kunst und Wissenschaft einsetzt. So gründete Reemtsma 1984 das Hamburger Institut für Sozialforschung, das unter anderem zwei viel diskutierte Ausstellungen über die Verbrechen der Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs vorbereitete.

Seit Beginn der Poetikdozentur-Reihe im Sommersemester 2016 hielten viele deutschsprachige Literaturgrößen wie Sibylle Lewitscharoff, Michael Köhlmeier, Thomas Hürlimann, Nora Gomringer, Alois Brandstetter und Barbara Frischmuth Vorlesungen an der Theologischen Fakultät. Ziel ist nach Worten des Initiators, des Dogmatikprofessors Jan-Heiner Tück, Literatur und Theologie neu aneinander heranzuführen und in ein Gespräch zu bringen. Beiden seien dieselben Grunderfahrungen zu eigen: Literarische wie religiöse Texte nähmen die gesamte Bandbreite menschlicher Erfahrung auf und reflektierten sie.