Israels Regierung bringt umstrittene Justizreform voran

Trotz andauernder Proteste hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die weltweit kritisierte Justizreform wieder aufgenommen. Als erstes wird der Justiz ein Machtwerkzeug genommen.

Demonstranten in Netanya, Israel, protestieren gegen ihren in Korruptionsprozessen verstrickten Ministerpräsidenten
Demonstranten in Netanya, Israel, protestieren gegen ihren in Korruptionsprozessen verstrickten MinisterpräsidentenImago / ZUMA Wire

Mit dem Gesetzentwurf zur sogenannten „Angemessenheitsklausel“ hat eines der Kernelemente der geplanten Justizreform die erste Hürde im israelischen Parlament genommen. Mit 64 zu 56 Stimmen sprach sich die Knesset in erster Lesung dafür aus, dem obersten Gericht des Landes die Möglichkeit entziehen, wie bisher Regierungsentscheidungen als „unangemessen“ zu bewerten, wie israelische Medien berichteten.

Kritiker kündigen einen „Tag der Störungen“ an

Der Entwurf soll laut Berichten an den zuständigen Knesset-Rechtsausschuss übergeben werden, der es für die zweite und dritte Plenumslesung vorbereiten wird. Der Abstimmung war eine stürmische Debatte im Parlament vorausgegangen. Begleitet wurde sie von Demonstrationen vor dem Parlamentsgebäude.

Beamte der Knessetwache entfernten laut Berichten mehrere Demonstranten gewaltsam aus dem Gebäude. Sie sollen versucht haben, den Zugang zum Plenum zu blockieren. Parlamentssprecher Amir Ohana sagte, die Demonstranten würden der Polizei übergeben.

Abwendung von der Demokratie

Für Dienstag ist unter anderem eine Massenkundgebung am Nachmittag vor dem Flughafen Ben-Gurion angekündigt. Die Polizei will demnach ihre Einsatzkräfte verstärken. Befürworter der Gesetzesänderung argumentieren, dass es sich bei der Angemessenheitsklausel um ein sehr subjektives Werkzeug handle, die den Richtern eine weitreichende politische Einmischung erlaube. Gegner des Reformvorhabens halten die Klausel hingegen für unerlässlich im Kampf gegen Korruption sowie für den Schutz vor willkürlichen Regierungsentscheidungen.

Die Klausel kam etwa zur Anwendung, als das oberste Gericht im Januar die Ernennung des vorbestraften Arieh Deri (Schas-Partei) von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zum Innen- und Gesundheitsminister als „unangemessen“ untersagte.

Der Gesetzentwurf ist Teil größerer Justizreformpläne der Regierung. Kritiker werfen ihr vor, auf eine Schwächung des Justizsystems und damit der demokratischen Gewaltenteilung zu zielen. Die wöchentlichen Proteste gegen die Regierungspläne dauern seit rund sieben Monaten an.