Islamischer Theologe fordert mehr Dialog von Christen und Muslimen

Der islamische Theologe Mouhanad Khorchide hat sich für eine stärkere Zusammenarbeit von Christen und Muslimen im Kampf gegen Islamismus ausgesprochen. Christen und Muslime müssten gemeinsam an einer identitätsstiftenden Erzählung arbeiten, wie man die jeweils andere Religion als Bereicherung verstehen könne, sagte der Professor für Islamische Religionspädagogik und Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster am Samstag in Würzburg vor den Delegierten der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Der Leitende Bischof der Lutheraner, Ralf Meister, begrüßte Khorchides Ideen, äußerte aber auch Skepsis.

Khorchide betonte in seinem online gehaltenen Vortrag, es brauche einen am Output orientierten Dialog zwischen Islam und Christentum. Die Frage, wo Religionen heute eine Ressource für lebenspraktische Herausforderungen darstellten, sei eine Anfrage sowohl an Christen als auch an Muslime. Diese Frage müsse zum Inhalt der Dialoge werden. Es müsse darum gehen, Antworten zu finden, wie beide Religionen sich gemeinsam entfalten und Ressourcen entdecken könnten für ein gemeinsames gelungenes Leben im Hier und Heute, sagte er.

Eine gemeinsame Großerzählung zu schaffen, könne Islamismus bekämpfen. Denn die neue islamistische Bewegung konstruiere Feindbilder und sehe sich in Gegnerschaft zum Westen und zur Mehrheitsgesellschaft in Deutschland. Islamisten erreichten Jugendliche heute nicht mehr durch ein Bekenntnis zur Scharia, sondern durch diese gemeinsamen Feindbilder. „Die Großerzählung des Islamismus heute ist weniger eine religiöse Großerzählung, sondern eine emotionale, die die Identität von jungen Menschen anspricht“, sagte Khorchide. Er appellierte an Muslime und Christen, selbst eine solche identitätsstiftende Großerzählung zu etablieren.

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister sagte, Khorchides Ideen seien beispielgebend. Ein Problem sei aber, dass der Münsteraner Islam-Theologe eine Position vertrete, die von großen islamischen Communities nicht geteilt würden. Innerhalb der Kirchen stießen seine Vorschläge auf offene Ohren, „weil sie uns sofort gefallen“, sagte der Leitende Bischof. Allerdings zeige die Erfahrung, dass es ein Problem bei der Akzeptanz solcher Meta-Erzählungen gebe, die theologische Traditionen aus Judentum, Christentum und Islam verknüpften.

Meister beklagte, dass der interreligiöse Dialog in den vergangenen zehn Jahren auch durch die politischen Entwicklungen unter Druck geraten sei. Dialogbemühungen seien nicht erleichtert worden.

Die Tagung der Lutheraner steht am Beginn der Jahrestagung des Kirchenparlaments der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Synode der EKD beginnt am Sonntag mit einem Gottesdienst in der Würzburger St.-Stephans-Kirche.