Internationale Kritik nach israelischem Luftangriff

Trotz Anordnung des höchsten UN-Gerichts setzt Israel seine Angriffe auf Rafah fort – und tötete dabei offenbar Dutzende Schutzsuchende. Die internationale Kritik ist scharf.

Verteidigungsminister Yoav Gallant beim Besuch israelischer Truppen in Rafah
Verteidigungsminister Yoav Gallant beim Besuch israelischer Truppen in RafahImago / ZUMA Press Wire

Ein mutmaßlicher israelischer Luftangriff auf Zelte für binnenvertriebene Palästinenser in Rafah im Süden des Gazastreifens sorgt international für Entsetzen. Die Berichte über weitere Angriffe auf schutzsuchende Familien mit zahlreichen Toten seien “entsetzlich”, schrieb das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser (UNRWA) auf der Plattform “X”.

Gaza sei “die Hölle auf Erden”, kein Ort und niemand seien sicher. UNRWA erklärte ferner, der Kontakt zu den Kollegen vor Ort sei abgebrochen und man sei “äußerst besorgt um ihr Wohlergehen und das aller Vertriebenen, die in diesem Gebiet Zuflucht gefunden haben”.

Der “Gaza-Genozid” werde nicht ohne Druck von außen enden, sagte die UN-Sonderberichterstatterin für die seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten, Francesca Albanese, auf X. Die israelischen Bombardierungen eines Vertriebenenlagers bezeichnete sie als grausam, inakzeptabel sowie als eine “eklatante Missachtung des internationalen Rechts und der internationalen Ordnung”.

Unter den Opfern sollen viele Frauen und Kinder sein

Nach palästinensischen Angaben sind bei israelischen Luftangriffen auf Rafah am Sonntag mindestens 35 Menschen getötet worden sowie Zelte von Schutzsuchenden in Flammen aufgegangen. Unter den Toten und Dutzenden Verletzten sollen nach nicht unabhängig überprüfbaren Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in Gaza viele Kinder und Frauen sein.

Die israelische Armee teilte in der Nacht zu Montag mit, man habe ein Gelände mit ranghohen Hamas-Terroristen in Rafah angegriffen. Der Angriff sei “gegen nach internationalem Recht legitime Ziele” sowie “unter Verwendung präziser Munition” erfolgt. Berichte über durch den Luftschlag und das darauffolgende Feuer verletzte Zivilisten würden untersucht. Israels oberster Militärstaatsanwalt bezeichnete den Vorfall laut Bericht der Zeitung “Haaretz” als “sehr schwerwiegend”.

Der Sprecher des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, Nabil Abu Rudeineh, bezeichnete das israelische Vorgehen als gezielte Angriffe auf die schutzsuchende Bevölkerung. In einer Erklärung von Sonntagnacht machte er laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa die US-Regierung mitverantwortlich und forderte sie auf, Israel zu zwingen, die Angriffe im Gazastreifen zu beenden.

Jordanisches Außenministerium spricht von Kriegsverbrechen

Der Akt widerspreche “den Urteilen des Internationalen Gerichtshofs und stellt eine schwere Verletzung des Völkerrechts und des humanitären Völkerrechts dar”, heißt es laut der staatlichen jordanischen Nachrichtenagentur Petra in einer Erklärung von Montag. Der Sprecher des Ministeriums, Sufian Qudah, forderte demnach sofortige und wirksame internationale Maßnahmen, um Israel zur Rechenschaft zu ziehen. Ähnliche Reaktionen kamen vom Arabischen Parlament der Arabischen Liga, aus Ägypten, der Türkei sowie weiteren Ländern.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf Israel auf X vor, seine Militäraktionen entgegen der Anordnung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) fortzusetzen. Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte laut Berichten, das bindende Urteil des obersten UN-Gerichts müsse respektiert werden. Mehrere europäische Länder forderten laut Wafa einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen sowie die Einfuhr humanitärer Hilfe.

Am Freitag hatte der IGH Israel aufgefordert, jede Militäroperation in Rafah unverzüglich einzustellen. Weiter untersagte das Gericht Israel jegliche andere Aktion, die eine Vernichtung der palästinensischen Bevölkerung insgesamt oder in Teilen zur Folge haben könnte.