Inklusionsprojekt: Menschen mit Behinderungen lehren an der Uni

Das gemeinnützige Unternehmen „Access – Inklusion im Arbeitsleben“ und die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) bilden Menschen mit Behinderungen zu Lehrenden an der Uni aus. Sechs angehende Bildungsfachkräfte lernen innerhalb von drei Jahren, Vorlesungen und Seminare an Hochschulen zu halten, sagte die Leiterin des Projekts „Inklusive Bildung Bayern“, Claudia Drechsel, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Angebot soll es an der FAU geben, man sei aber auch schon in Kontakt mit der Technischen sowie der Evangelischen Hochschule in Nürnberg und der Technischen Universität München. Das Ziel sei, die Bildungsfachkräfte an alle bayerischen Hochschulen und Universitäten zu schicken.

„Es geht uns darum, dass Studierende Inklusionskompetenz aus erster Hand erhalten und Berührungsängste abbauen“, sagte Drechsel. Die Bildungsfachkräfte sollen Einblicke in die Lebenswelten, spezifischen Bedarfe und Sichtweisen von Menschen mit Behinderungen geben oder Besuche in Werkstätten anbieten. Profitieren könnten davon alle Studiengänge, die auf eine Arbeit mit Menschen vorbereiten – von sozialer Arbeit bis Medizin. In Bayern sei das Konzept neu, in anderen Bundesländern gebe es diese Art Fortbildung bereits. „In Kiel verlässt kein Lehramtsstudent die Uni, ohne mindestens ein Mal Kontakt mit einer Bildungsfachkraft gehabt zu haben“, so Drechsel. Wo das Angebot in den Wahlpflichtbereich von Studiengängen aufgenommen oder als Schlüsselqualifikation angeboten wird, werde sich in den nächsten Jahren zeigen.

Seit Beginn des aktuellen Sommersemesters läuft das Projekt. Qualifiziert werden Menschen mit Behinderungen und besonderem Unterstützungsbedarf. „Das bedeutet, dass sie aus einer Werkstatt kommen und unterschiedliche Beeinträchtigungen haben, wie Lernschwierigkeiten. Oft haben sie Förderschulen besucht. Es ist ein Novum, diese Menschen in die Lehre an Hochschulen einzubinden“, sagte Drechsel. Sie traue es allen Teilnehmenden zu, die dreijährige Ausbildung zu schaffen. „Es braucht einfach eine andere Form des Lernens und mehr Zeit. Dann ist da eine große Entwicklung möglich.“

Die sechs Teilnehmenden seien aus knapp 30 Bewerbungen ausgewählt worden. Ihre Ausbildung richte sich nach einem Modulhandbuch, das sich bereits in anderen Bundesländern bewährt habe. „Es gibt Theorie- und Praxismodule, in denen sie zum Beispiel lernen, wie das Bildungssystem aufgebaut ist, aber auch Methoden der Bildungsarbeit.“ Bereits im zweiten Semester werde es erste praktische Einsätze an der FAU geben. Bisherige Rückmeldung von Lehrenden und Studierenden seien durchweg positiv gewesen.

Fertige Bildungsfachkräfte könnten pro Jahr rund 3.000 Studierende erreichen, so Drechsel. Nach Abschluss des Projekts werden für die Teilnehmenden feste Stellen geschaffen. Gefördert wird „Inklusive Bildung Bayern“ vom Zentrum Bayern Familie und Soziales, der TÜV Süd Stiftung sowie der Aktion Mensch. (01/1745/10.06.2024)