In Schleswig-Holstein wollen zu wenig Jugendliche zum „Bufdi“

Bad Oldesloe. Seit vier Jahren sollen „Bufdis“ die Zivildienstleistenden in sozialen Einrichtungen ersetzen. Doch Jugendliche kommen im Norden längst nicht so zahlreich, wie es nötig wäre.

In den Stormarner Werkstätten von Bad Oldesloe ist Alexis Laguna in zweifacher Hinsicht eine Rarität. Zum einen, weil der 20-Jährige aus Kolumbien kommt. Zum anderen, weil er „Bufdi“ ist. Die Abkürzung steht für Bundesfreiwilligendienstler, die am 1. Juli 2011 die Zivildienstleistenden in Deutschland abgelöst haben. Die Aufgaben sind gleich: In Werkstätten für Menschen mit Handicap beispielsweise erledigen Bufdis Fahrdienste, helfen bei den Arbeitsabläufen und unterstützen bei der Pflege. Anders als der Zivildienst handelt es sich aber um ein freiwilliges Bildungsangebot für Männer und Frauen ab 16 Jahren, die sich gemeinnützig engagieren möchten.
Und gerade in der Freiwilligkeit liegt das Problem. Es bewerben sich längst nicht mehr so viele Bufdis wie früher Zivis. Wer nicht zum Bund ging, musste einen Ersatzdienst ableisten. Heute können die jungen Männer direkt von der Schule in die Berufsausbildung einsteigen. Das merken viele soziale Einrichtungen im Land, so auch die Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe. Vor 2011 waren dort sechs Zivis gleichzeitig beschäftigt. „Seit der Umstellung waren insgesamt nur vier Bufdis bei uns tätig, dabei könnte ich immer vier zeitgleich einstellen“, sagt Einrichtungsleiter Stephan Bruhns. Sein Kollege Jan-Henrik Schmidt, Leiter der Schleswiger Werkstätten, berichtet sogar von 25 Bufdi-Stellen und lediglich zwölf besetzten Plätzen. Vor 2011 waren in Schleswig 17 Zivis der Standard.

Qualifikation der Bewerber lässt nach

Auch die Stormarner Werkstätten in Ahrensburg melden einen Rückgang von 16 Zivis auf sechs Bufdis. Von Schwierigkeiten bei der Besetzung von Bufdi-Stellen berichten auch Werkstätten in Dithmarschen und Eckernförde. Das liegt zum einen an der Zahl der Bewerber, zum anderen an ihrer Qualifikation. Rita Friedrichsen von den Husumer Werkstätten erklärt: „Früher bewarben sich 18-Jährige mit Führerschein, Abitur oder einer  Berufsausbildung. Heute sind es schon 15-jährige Hauptschüler.“ Die könnten nur begrenzt eingesetzt werden, wenn sie denn überhaupt schon die Reife für diese Aufgabe besäßen. Früher war der Führerschein für die Besetzung der Zivi-Stellen Pflicht. Davon ist die Einrichtung abgerückt, um die Stellen überhaupt besetzen zu können.
Um den Mangel an Bufdis auszugleichen, haben viele Werkstätten zusätzliche Fachkräfte eingestellt, auch wenn diese wesentlich teurer sind als Bufdis. Stephan Bruhns, Leiter der Stormarner Werkstätten in Bad Oldesloe, findet das richtig: „In unserer Einrichtung gibt es viele Menschen, die mehrfach schwerstbehindert sind, und Autisten. Für die ist es wichtig, dass sich Fachkräfte um sie kümmern.“ Dennoch gäbe es nach wie vor Aufgaben, die ein junger Mensch übernehmen könnte –  und sollte. „Junge Menschen müssen lernen, dass auch Hilfsbedürftige dem Gottesbild entsprechen, nicht nur Gesunde, Schlanke und Junge. Sonst geht unsere Gesellschaft den Bach runter“, so Bruhns.

Aus Kolumbien nach Bad Oldesloe

Entsprechend angetan ist er von Alexis Laguna, der freiwillig für ein Jahr seine Heimat Kolumbien verließ und sich über die Organisation „World Horizon“ auf einen Bufdi-Platz in Bad Oldesloe bewarb. Seine Arbeit ist Teil eines am Gemeinwohl orientierten Programms, das Alexis nach dem Abitur zur Berufsorientierung begonnen hat. Ziel ist, dass die jungen Menschen nach ihrer Rückkehr ihre Erfahrungen in einem sozialen Projekt umsetzen. Alexis weiß schon, was er machen will. „In meinem Stadtteil kommen Jugendliche oft auf die schiefe Bahn, nehmen Drogen, brechen die Schule ab. Deshalb möchte ich ein Jugendzentrum aufbauen.“