In der Reinbeker Kirche liefern sich Dichter einen Wettkampf

Beim Kirchen-Slam gewinnt der Teilnehmer, der den besten Text vorträgt. An dem Wettstreit nehmen nur junge Poeten teil. Doch es gibt eine Bedingung.

Organisatoren des Kirchen-Slams: Pastor Benedikt Kleinhempel (li.) und Karsten Lieberam-Schmidt
Organisatoren des Kirchen-Slams: Pastor Benedikt Kleinhempel (li.) und Karsten Lieberam-SchmidtKatharina Hagen

Reinbek. Für einen Tag stehen in der Reinbeker St.-Ansgar-Kirche nicht die Pastoren vor der Gemeinde, sondern die Künstler. Denn am Freitag, 29. April, findet in der Kirche im Reinbeker Stadtteil Schöningstedt ein Poetry-Slam statt. Bei diesem Dichter-Wettbewerb messen sich junge Literaten – zur Unterhaltung des Publikums. Am Ende wird ein Sieger gekürt. Organisiert haben den Abend Pastor Benedikt Kleinhempel und Karsten Lieberam-Schmidt, der selbst seit mehreren Jahren Poetry-Slams organisiert und schon an Deutschen Meisterschaften teilgenommen hat.
Schon im vergangenen Jahr gab es in der St.-Ansgar-Kirche einen Poetry-Slam. Lieberam-Schmidt sprach Pastor Kleinhempel an, den er noch aus seiner eigenen Konfirmandenzeit kannte. Doch der Theologe war zunächst skeptisch: „Schnell, öberflächlich und kein Raum für wirkliche Tiefe“, waren die Stichworte, die ihm damals zum Poetry-Slam einfielen. Trotzem ließ er sich auf das Experiment ein. Nach der ersten Veranstaltung im vergangenen Februar musste Kleinhempel sein Urteil revidieren: „Ich war völlig begeistert“, erinnert er sich. Die jungen Teilnehmer hätten ihre Beiträge unglaublich lebendig erzählt. Es sei humorvoll zugegangen, skurril und „manchmal auch mit Tiefenschärfe“.

Kirchen-Slam? Einfach "himmlisch"!

Unsicher waren sich die beiden Organisatoren vor dem ersten Mal, wie viele Besucher überhaupt kommen würden. Ihre Sorge, den Kirchen-Slam vor nur einer Handvoll Besucher zu veranstalten, war am Ende unbegründet. Die Kirche war rappelvoll, und die Resonanz nach dem Abend überaus positiv. Viele Besucher hätten ihnen sehr positives Feedback gegeben, sagt Kleinhempel.
Dass es jetzt zu einer zweiten Auflage kommt, war alles andere als ausgemacht. Denn Karsten Lieberam-Schmidt wollte es bei einer einmaligen Veranstaltung belassen. „Der erste Kirchen-Slam war mit die beste Veranstaltung, die ich in 19 Jahren erlebt habe“, erinnert er sich. So etwas könne man nur schwer steigern. Sollte man das nicht für sich stehen lassen? Doch zur Freude der Besucher hat sich Lieberam-Schmidt von Pastor Kleinhempel überreden lassen und dem zweiten Reinbeker Kirchen-Slam noch einen besonderen Dreh gegeben: Es werden nicht nur Literaten auftreten, sondern auch Sänger, die sich mit ihren Liedern messen.
Noch aus einem weiteren Grund ist der Kirchen-Slam anders als ein normaler Poetry-Slam: Die Teilnehmer müssen in ihren Geschichten das Wort „himmlisch“ unterbringen. „Wie genau sie das machen, ist ihnen selbst überlassen“, erläutert Lieberam-Schmidt. Der Begriff könne am Rand vorkommen oder eine zentrale Rolle spielen. Im vergangenen Jahr war es „ach, Gott“, und ein Teilnehmer baute seine ganze Geschichte um diesen Begriff auf. Damit auch jedem Besucher auffällt, wann der Begriff fällt, wird in dem Moment ein Schild hochgehalten.

Kirche ist ungewohntes Terrain

Beim Kirchen-Slam von Reinbek treten ausnahmslos Künstler unter 20 Jahren an, die sich in der Szene aber bereits einen Namen gemacht haben. Für sie wird der Auftritt alles andere als alltäglich: „Die gute Akustik in Kirchen ist ungewohnt für die Teilnehmer“, sagt Lieberam-Schmidt. Deshalb werden sie ohne Mikrofon auftreten. Wer den Abend gewinnt, entscheidet eine Jury, die jeden Beitrag mit Noten von 1 bis 10 bewertet. Außer Konkurrenz tritt Narcisse auf, ein bekannter Poetry-Slammer aus der Schweiz, mit dem Lieberam-Schmidt befreundet ist.
Kirche und Poetry-Slam – das passt für Pastor Kleinhempel sehr gut zusammen. „Der eigene Blick wird bereichert“, sagt er. Das habe Berührungspunkte mit dem Wirklichen, das man „göttlich nennen könnte“.
WAS: Poetry-Slam in der Kirche
WANN: am Freitag, 29. April, um 19.30 Uhr
WO: in der St. Ansgar-Kirche (Am Salteich 7) in Reinbek
Der Eintritt ist frei. Um eine Spende zugunsten der jungen Künstler wird gebeten.