Im Rhythmus der Pedale

Für viele Menschen ist das Fahrrad mehr als ein Fortbewegungsmittel. Sie verbinden damit Gefühle von Freiheit und Glück. Gedanken zu einer besonderen Art des Unterwegsseins.

Wer mit dem Rad unterwegs ist, ist den Einflüssen der Natur direkt ausgesetzt – kann aber auch ihre Schönheit mit allen Sinnen auf sich wirken lassen.
Wer mit dem Rad unterwegs ist, ist den Einflüssen der Natur direkt ausgesetzt – kann aber auch ihre Schönheit mit allen Sinnen auf sich wirken lassen.ARochau

Manchmal läuft es richtig rund. Da gleitet das Rad über glatten Asphalt, die Steigung ist mäßig, der Autoverkehr weit weg und der Wind kühlt. In solchen Momenten ist Radfahren ein Gottesgeschenk.

Aber natürlich gibt es auch die Zeiten, in denen der Regen ins Gesicht peitscht, die Autos sich gefährlich vorbeidrängeln und der Berg sich ewig hinzieht. Dann wird jeder Tritt zur Mühsal und man fragt sich, warum man sich das Ganze eigentlich antut.

Radfahren als Übung in spiritueller Gelassenheit

Radfahren mit seinen Höhen und Tiefen – ein Bild des Lebens mit Aspekten, die theologisch zu betrachten sich durchaus lohnt.
Zum Beispiel die direkte sinnliche Erfahrung. Nicht nur Hitze und Kälte, Sonnenschein und Regen und alle Abstufungen dazwischen nimmt man auf dem Rad als Teil der Schöpfung ganz unmittelbar wahr. Auch die körperliche Anstrengung, mit der man aufs Ziel zuradelt, gehört dazu – und damit verbunden Stolz oder Demut, je nachdem. So kann Radfahren zu einer Übung in spiritueller Gelassenheit werden. Oder zu einem großen Jubel über das, was unser Körper und unsere Sinne alles können.

Dazu kommt: Wer sich aufs Rad setzt, der verlässt im kleinen Rahmen seine Komfortzone. Denn vor allem bei schlechtem Wetter oder anstrengenden Strecken bedarf es einer Überwindung, um sich loszureißen aus dem Zustand der Bequemlichkeit und sich den Schönheiten, aber auch den Gefahren des Weges auszusetzen. Tausende solcher kleinen oder großen Aufbrüche bringen wir im Laufe des Lebens hinter uns; auch solche, die uns weit mehr herausfordern als die alltäglichen Radrunden. Ein Blick in die Bibel zeigt: Eigentlich alle großen Geschichten vom Aufbrechen und Unterwegssein erzählen auch von den Widerständen am Anfang. Aber erst, wer unterwegs ist, kann Gottes Führung erkennen.

Radfahren als ständiges Herantasten an das Gleichgewicht

Das Losfahren ist auf den ersten Blick ganz unkompliziert: Hände an den Lenker, Füße auf die Pedale – und los. Allerdings hat auch das seine hintergründigen Seiten. Um beim Geradeausfahren das Gleichgewicht zu halten, müssen Fahrerinnen und Fahrer winzige, kaum wahrnehmbare Ausgleichsbewegungen zu den Seiten machen. Im Grunde ist Radfahren ein ständiges Hin- und Herschwanken um die Mitte herum. Auch das ein Bild, das sich mit dem christlichen Glauben gut vereinbaren lässt: ein ständiges Herantasten an das Gleichgewicht, das das Vorankommen in einer Richtung, auf ein Ziel hin erst möglich macht.

Und dann ist da noch die Erfahrung, dass Gedanken und Gefühle im Rhythmus des Tretens zur Ruhe kommen und sogar bei kurzen Strecken ein meditativer Zustand eintritt. Die Bewegung, das Unterwegssein aus eigener Kraft machen den Kopf frei für alle möglichen Erinnerungen, Wünsche und Ideen. Man kann dabei beten, singen oder einfach das Leben genießen. Ein Gottesgeschenk eben.