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… ich habe eine Frage: Weihnachten wird als Fest der Familie bezeichnet. Aber die Familien entsprechen nicht mehr dem traditionellen Familienbild und oftmals sind die Feiertage auch nicht harmonisch. Stimmt das Bild der „Heiligen Familie“ noch?

Von Bischof Markus Dröge

Betrachtet man die Weihnachtskrippen, die in vielen Haushalten und in Kirchen aufgebaut werden, so zeigen diese in der Regel eine Idylle. Ochs und Esel, Schafe, die knienden Hirten und die Weisen aus dem Morgenland gruppieren sich um die Heilige Familie. In stiller Andacht beten sie das Kind an. In der Mitte Maria mit dem süßen Jesuskind, das sicher gebettet in der Futterkrippe liegt. Neben ihr ein stattlicher, meist älterer Josef. Die Tradition der Weihnachtskrippen weist ins Mittelalter zurück. Damals erinnerte man meist noch an den niedrigen Stand des Jesuskindes, an die Armut der Familie. Bei vielen heutigen Krippendarstellungen ist davon allerdings nur noch wenig zu spüren. Eher schon erinnern sie an ein deutsches Wohnzimmer der 50er Jahre.

Freilich hätte ein Blick in die biblische Geschichte genügt, um zu erfahren, dass das Geschehen in Bethlehem alles andere als idyllisch ist. Der Stall ist nicht vielmehr als eine Notunterkunft. Maria, eine junge unverheiratete Frau, muss ihr Kind unter erbärmlichen Bedingungen zur Welt bringen. Josef ist nicht der Vater des Kindes, er wollte seine Gefährtin zwischenzeitlich gar verlassen. Die beiden sind angesichts der von den Römern erzwungenen weiten Reise heimat- und obdachlos. Betrachtet man die gesamte Szenerie, müsste man heute wohl von prekären Verhältnissen sprechen. Von Heiligkeit ist hier wenig zu spüren.

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