Artikel teilen:

Hunger in Gaza – Vorräte aufgebraucht, keine Nahrung verfügbar

Selten klangen die Appelle so dringlich: Hilfswerke sehen eine Massenhungersnot in Gaza kurz bevorstehen. Das Elend verschärfe sich nur, wenn nicht endlich gehandelt werde.

Die Situation für die Menschen im Gazastreifen entwickelt sich nach Helferangaben immer mehr zu einer Hungerkatastrophe. Am Freitag wiesen mehrere Organisationen auf die Verschärfung der humanitären Lage hin und forderten von Israel einen unbeschränkten Hilfszugang.

Brot für die Welt und die Diakonie kritisieren, dass auf Grund der israelischen Blockade viel zu wenig Lebensmittel den Gazastreifen erreichten. “Die humanitäre Katastrophe in Gaza hat ein unvorstellbares Ausmaß erreicht und ist nicht zu rechtfertigen”, erklärte Dagmar Pruin, Präsidentin beider Werke. Sie verweist auf Zahlen des UN-Welternährungsprogramms, wonach rund ein Viertel der Menschen vor Ort eine katastrophale Ernährungssituation durchlebten. “Frauen, Kinder und alte Menschen leiden am meisten. Viele von ihnen erleben Hunger in seiner bedrohlichsten Form”, so Pruin.

Die evangelischen Hilfswerke fordern einen sofortigen Waffenstillstand und eine Freilassung der von der Terrororganisation Hamas festgehaltenen Geiseln. Gleichzeitig müsse sich die Bundesregierung stärker für eine Lösung des Konflikts einsetzen.

Das Hilfsbündnis Aktion Deutschland Hilft warnt vor einem Zusammenbruch der Hilfsstrukturen vor Ort. Lebensnotwendige Güter seien kaum mehr verfügbar, fast täglich kämen Menschen bei dem Versuch, sich noch Nahrungsmittel zu beschaffen, ums Leben. “Es ist wichtiger denn je, dass die weltweit akzeptierten Mindeststandards für humanitäre Hilfe in Gaza eingehalten werden. Wir brauchen uneingeschränkten Zugang für die internationalen Hilfsorganisationen”, so das Bündnis.

Nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen ist bereits jedes vierte Kleinkind zwischen sechs Monaten und fünf Jahren in Gaza von Mangelernährung betroffen. Israel wirft das Hilfswerk vor, die Menschen vorsätzlich auszuhungern. Ausgabestellen für Lebensmittel hätten zudem zuletzt mehrere Tage schließen müssen. “Was wir hier sehen, ist unfassbar: Während die Bevölkerung absichtlich von Nahrungsmitteln und Wasser abgeschnitten wird, begehen die israelischen Streitkräfte täglich Massaker, wenn Menschen an den Verteilungsstellen um Essensreste kämpfen”, sagte die Leiterin der Nothilfeprojekte von Ärzte ohne Grenzen im Gazastreifen, Amande Bazerolle.

SOS-Kinderdörfer meldet, dass die Vorräte seiner Einrichtung im Gazastreifen inzwischen aufgebraucht seien. “Wir sind nun auch auf Essensausgaben angewiesen. Zu kaufen gibt es nichts mehr”, sagt eine Mitarbeiterin der Hilfsorganisation. Im Camp der Organisation in Khan Younis, der zweitgrößten Stadt des Küstengebiets, werden demnach derzeit 46 Kinder versorgt, die ihre Familie im Krieg verloren haben. Das SOS-Camp in Rafah sei zuvor schon zerstört worden.

Trotz des Krieges solle den Kindern in der Einrichtung ein Stück Alltagsnormalität geboten werden, hieß es. “Wir versuchen, die Tage zu strukturieren, machen Spielangebote, erzählen Geschichten, bieten psychologische Hilfe an und ermutigen sie, ihre Gefühle auszudrücken. Trotz der traumatischen Umstände sind die Kinder erstaunlich widerstandsfähig. Aber Widerstandsfähigkeit alleine reicht nicht zum Überleben”, sagt die Mitarbeiterin. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Kinder verhungern, appelliert die Organisation.