Hunderte bei kirchlicher Trauerfeier für Kreml-Kritiker Nawalny

Begleitet von zahlreichen Schikanen der Behörden nahmen viele hundert Menschen vom Oppositionellen Alexej Nawalny Abschied. Zur Totenmesse kamen auch mehrere ausländische Botschafter.

In Moskau hat am Freitag der Trauergottesdienst für den in einem russischen Straflager gestorbenen bekannten Kremlkritiker Alexej Nawalny stattgefunden. Das teilte sein Team auf der Videoplattform YouTube mit. Die russischen Behörden untersagten eine Live-Übertragung des Gottesdienstes. An der Totenmesse in einer orthodoxen Kirche im Südosten Moskaus nahmen auch westliche Diplomaten teil, darunter der deutsche Botschafter Alexander Graf Lambsdorff.

Vor dem Kirchengelände versammelten sich viele hundert Menschen, die von einem Großaufgebot der Polizei kontrolliert wurden. Die Sicherheitskräfte verweigerten ihnen den Zutritt auf das eingezäunte Areal.

Die Gefängnisverwaltung in Sibirien hatte Nawalnys Mutter Ludmilla Nawalnaja nach seinem Tod vor zwei Wochen tagelang den Zugang zu seinem Leichnam verweigert. Auch am Freitag verzögerte sich die Übergabe des Leichnams an die Angehörigen. Er soll am Nachmittag auf dem Borissowskoje-Friedhof beerdigt werden.

Der Kreml lehnte eine internationale Untersuchung der Todesursache ab. Das Team von Nawalny, der als Hauptgegner von Präsident Wladimir Putin galt, und ausländische Regierungen sprechen von Mord. Sie machen Russlands Staatsführung für Nawalnys Tod im Straflager verantwortlich.

Nawalnys Familie hatte nach Angaben einer Sprecherin große Schwierigkeiten, eine Kirche und einen Friedhof für die Beerdigung zu finden. Beide liegen weit entfernt vom Stadtzentrum. Die Behörden hätten sogar gedroht, ihn anonym zu bestatten, hieß es.

Der Aktivist Nawalny mit guten Kontakten zu westlichen Regierungskreisen saß seit 2021 in Haft, auch viele Tage in Isolationshaft. Mehrere Gerichte in Russland hatten in fragwürdigen Prozessen langjährige Haftstrafen gegen ihn verhängt, unter anderem wegen Extremismus. Insgesamt sollte er mehrere Jahrzehnte im Gefängnis verbringen.

Das Europaparlament verurteilte am Donnerstag aufs Schärfste den „Mord“ an Nawalny. In einer mit 506 gegen 9 Stimmen angenommenen Entschließung betonten sie, dass Russlands Regierung und Wladimir Putin persönlich die strafrechtliche und politische Verantwortung für den Tod Nawalnys trügen. Putin müsse zur Rechenschaft gezogen werden.