Hospizkoordinatorin fordert mehr Palliativarbeit in Heimen

Vorbehalte gegen ambulante Hospizdienste und Personalmangel in Heimen – in der Palliativpflege müsse sich einiges ändern, kritisiert die Expertin Katja Fischer.

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Hamburg. Die größte Lücke in der Hospiz- und Palliativversorgung besteht nach Ansicht der Hospizkoordinatorin Katja Fischer in Pflegeheimen. „Die Zusammenarbeit mit den Heimen ist unglaublich schwierig, die Möglichkeiten vor Ort oft sehr begrenzt“, sagte Fischer, Koordinatorin im ambulanten Hospizberatungsdienst und Mitglied im Vorstand des Hamburger Landesverbandes Hospiz und Palliativarbeit. „Das ist ein unhaltbarer Zustand.“ Etwa 30 Prozent der Menschen sterben in einer stationären Pflegeeinrichtung.

Viele Heime hätten nach Fischers Erfahrung Vorbehalte, mit ambulanten Hospizdiensten zusammenzuarbeiten oder empfinden dies als zusätzliche Belastung. „Anscheinend haben sie Angst, dass jemand von außen bestimmte Dinge zu kritisch hinterfragt“, sagte Fischer. Das größte Problem sei der Personalmangel: Oft seien die Heime so unterbesetzt, dass die verbleibenden Pflegekräfte keine Zeit hätten, Sterbenden und ihren Angehörigen beizustehen oder sich mit den Hospizdiensten auszutauschen. „Dabei würden die ehrenamtlichen Sterbebegleiter das Personal ja unterstützen, in Ausnahmefällen auch nachts. Und so müssten auch die Pflegekräfte das Sterben eines Menschen nicht ganz allein tragen.“

Zum Sterben in die Klinik

Zum ständigen Personalmangel komme oft auch unzureichendes Wissen über die Palliativpflege. Viele Pflegekräfte könnten beispielsweise nicht damit umgehen, wenn ein Mensch nichts mehr essen oder trinken wolle, dabei sei das ein normaler Teil des Sterbevorgangs, erklärte Fischer. Das fehlende Wissen führe dann zu großer Unsicherheit und Not bei Pflegekräften und Angehörigen. Nicht selten würden Menschen noch kurzfristig in der Sterbephase in ein Krankenhaus eingewiesen – oftmals eine vermeidbare Tortur.

Keine Kooperationen

Im Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung von 2015 sei geregelt, dass jedes Pflegeheim einen Kooperationsvertrag mit einem ambulanten Hospizdienst vorweisen müsse. Es gäbe aber keine Konsequenzen, wenn dies nicht erfüllt wird. „Die Praxis zeigt, dass viele Pflegeheime eine solche Kooperation, wenn überhaupt, nur auf dem Papier eingehen.“ Das müsse dringend gesetzlich geändert werden, forderte Fischer.

Nach dem Eindruck der Hospizkoordinatorin sind Tod und Sterben durch die Corona-Pandemie etwas mehr in den Fokus der Gesellschaft gerückt. „Vielen Menschen ist ihre eigene Verletzlichkeit bewusst geworden, deshalb nehmen sie auch die Verletzlichkeit von anderen Menschen mehr wahr“, beobachtet Fischer. Sie bemerke mehr Solidarität mit älteren oder kranken Menschen. „Gerade bei der jüngeren Generation spüre ich auch mehr Demut dem Leben und der Gesundheit gegenüber und Dankbarkeit dafür, in einem Land mit einem guten Versorgungsnetzwerk zu leben.“

Tod soll zur Normalität werden

Durch Unterrichtsbesuche an Schulen oder Universitäten, aber auch durch Medienberichte und Veranstaltungen wie der Hamburger Hospizwoche solle das Sprechen über Tod und Sterben noch mehr zur Normalität werden. Es sei gut, sich schon im Vorfeld mit den Möglichkeiten der Hospiz- und Palliativversorgung auseinanderzusetzen, bevor man selbst akut betroffen ist, erläuterte Fischer. Vielen Menschen helfe die Auseinandersetzung mit dem Tod auch, im Leben andere Prioritäten zu setzen: „Das Bewusstsein der eigenen Endlichkeit verändert die Art, wie wir durchs Leben gehen.“ (epd)