Höchststand bei Missbrauch – Ministerin will IT-Daten speichern

Dem Missbrauch Minderjähriger mit Datenspeicherung begegnen: Fast 20.000 Kinder und Jugendliche erlitten 2023 sexualisierte Gewalt. Die Bundesinnenministerin fordert mehr Befugnisse für die Ermittler.

Fast 20.000 Kinder und Jugendliche sind im vergangenen Jahr Opfer von sexualisierter Gewalt und Missbrauch geworden. Das geht aus am Montag in Wiesbaden veröffentlichten Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA) hervor. “Jeden Tag werden in Deutschland 54 Kinder und Jugendliche Opfer von sexuellem Missbrauch”, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Vorstellung des sogenannten Bundeslagebilds 2023. Sie sprach von entsetzlichen Taten, die fassungslos machen.

Insbesondere in den Bereichen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen und der Herstellung, Verbreitung, des Erwerbs und Besitzes kinder- und jugendpornografischer Inhalte sind demnach die Fallzahlen deutlich angestiegen. Faeser forderte eine neue Diskussion über die Online-Datenspeicherung.

“Die Täter dürfen sich nirgendwo sicher fühlen. Wir brauchen daher auch eine Pflicht zur Speicherung von IP-Adressen bei den Anbietern”, sagte Faeser. Das sei notwendig, um Täter zu identifizieren und damit die Kinder und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt zu schützen.

Die Behörden zählten 18.497 Kinder unter 14 Jahren als Opfer sexuellen Missbrauchs, was einer Steigerung um 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Auffallend sei hierbei der Anteil tatverdächtiger Kinder und Jugendlicher mit rund 30 Prozent. Zudem wurden 1.277 Betroffene sexuellen Missbrauch im Alter von 14 bis 17 Jahren registriert; das ist laut BKA ein Zuwachs von 5,5 Prozent und stellt einen Höchstwert im Fünf-Jahres-Vergleich dar.

Einen neuen Höchststand erreichten Fälle, bei denen es um Pornografie geht. So gab es bei Kinderpornografie-Straftaten einen Anstieg um 7,4 Prozent auf mehr als 45.000 Fälle, bei Jugendpornografie sogar um 31,2 Prozent auf rund 8.800 Fälle.

“Hinter den vielen Bildern und Videos, die im Netz kursieren, steckt häufig akute und lang andauernde sexuelle Gewalt”, sagte die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung Kerstin Claus. “Um Kinder und Jugendliche im digitalen Raum künftig besser zu schützen, müssen auch für das Netz Schutzstandards entwickelt und umgesetzt werden.” Sie sagte, dass viele Kinder und Jugendliche mittlerweile nicht zwischen dem Internet und dem Leben in der Offline-Welt trennten.

Die von sexuellem Missbrauch betroffenen Kinder und Jugendlichen sind zu rund drei Viertel weiblich. In mehr als der Hälfte der Fälle kannten sich Opfer und Tatverdächtige. Es gab unter den betroffenen Kindern 15.460 deutsche (plus 5 Prozent) und 3.037 ausländische Opfer (plus 24,1 Prozent).

BKA-Vizepräsidentin Martina Link kündigte mit Blick auf die steigenden Fallzahlen einen weiteren Ausbau der Ermittlungen an und betonte die hohe Priorität der Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder. “Die Opfer von sexuellem Missbrauch sind häufig schwer traumatisiert und kämpfen nicht selten ein ganzes Leben lang mit den Folgen der Tat”, sagte Link.