Im vergangenen Jahr haben sich rund 146.000 Menschen in Hamburger Gedenkstätten über die Geschichte des Nationalsozialismus informiert. „Das sind knapp 38.000 Gäste mehr als im Vorjahr“, sagte Oliver von Wrochem, Leiter der Hamburger KZ-Gedenkstätte Neuengamme, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen stellte anlässlich des bundesweiten Gedenktages an die NS-Opfer (27. Januar) die Bilanz vor.
„Die steigenden Besucherzahlen sind vor dem Hintergrund, dass rechtsextreme Positionen wieder sagbar werden, ein positives Zeichen und können die Gegenwehr unterstützen“, erklärte von Wrochem. Eine große Anzahl von Menschen informiere sich an Gedenkstätten über die mörderischen Auswirkungen von rassistischen und rechtsextremen Positionen in der Vergangenheit. „Die NS-Verbrechen zeigen auch auf, wohin die auf dem bekannt gewordenen Geheimtreffen geäußerten rechtsextremen Deportationspläne führen können“, sagte der Historiker.
Zugleich nahmen antisemitische Vorfälle in den Gedenkstätten zu: Neuengamme verzeichnete im vergangenen Jahr 17 Vorfälle wie Schmierereien oder Beschädigungen, 2022 waren es nur vier. „Neben Aufklebern mit rechtsextremen Inhalten gab es Anrufe von Personen, die sich rechtsextrem äußern, und Besuche von Menschen mit rechter Gesinnung“, sagte von Wrochem. Nicht in der Statistik erfasst würden antisemitische Äußerungen während der Führungen.
Als Reaktion auf die Zwischenfälle hat die Gedenkstätte im Laufe des vergangenen Jahres ihre Hausordnung verschärft. Es gehe darum, den Ort zu schützen und seine Würde durch respektvolles Verhalten zu achten, heißt es darin. Mit der neuen Hausordnung soll für das Aufsichtspersonal deutlich sein, wann und wie es einschreiten sollte. Auch andere Gedenkstätten berichten von zunehmenden Zwischenfällen. „Vandalismus durch Hakenkreuz-Schmierereien, Beschädigungen von Gedenktafeln oder Leugnung der NS-Verbrechen nehmen bundesweit spürbar zu“, sagt von Wrochem, der auch Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten in Deutschland ist.
In Hamburg wurden die mit Abstand meisten Besucherinnen und Besucher mit rund 104.900 in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme gezählt, gefolgt von 24.757 Gästen bei Sonderausstellungen und Veranstaltungen in der Stadt, in das Stadthaus kamen rund 7.288. Damit hätten im vergangenen Jahr die Besucherzahlen wieder das Niveau der Jahre vor den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie erreicht.
Die Stiftung betreut in Hamburg die KZ-Gedenkstätte Neuengamme, den Geschichtsort Stadthaus, das Denkmal Hannoverscher Bahnhof sowie die Gedenkstätten Bullenhuser Damm, Poppenbüttel und Fuhlsbüttel.