Hilfsprojekt “Straßenkinder in Addis Abeba” besteht seit 50 Jahren

Eine außergewöhnliche Initiative feiert runden Geburtstag: Vor 50 Jahren wurde das Hilfsprojekt „Straßenkinder in Addis Abeba“ der Evangelischen Kirchenkreise Kirchhain und Marburg gegründet. Mittlerweile seien mehrere Tausend Kinder unterstützt worden, sagte die Projektbeauftragte Bettina Mohr am Donnerstag in Marburg dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Ziel sei immer gewesen, den Kindern eine Schulausbildung zu ermöglichen, berichtete die evangelische Pfarrerin. Inzwischen existierten viele Erfolgsgeschichten, unter den einst Geförderten befänden sich erfolgreiche Ärzte, Krankenschwestern oder Anwältinnen. Das Projekt startete 1974 nach einer großen Hungersnot in Äthiopien, als zahlreiche junge Menschen auf der Straße landeten. Viele Kinder konnten nicht in die Schule gehen, weil sie Geld verdienen mussten, wie Mohr berichtete.

Man habe das Projekt immer wieder auf die sich verändernden Bedingungen vor Ort angepasst. In Äthiopien bestehe heutzutage eine Schulpflicht für die Grundschulzeit. Jedoch könnten sich arme Familien Schuluniform und Schulmaterial kaum leisten. Außerdem müssten sie das Essen in die Schule mitgeben.

Aktuell würden 300 Kinder in drei Kinderzentren im Zentrum von Addis Abeba sowie zwei Vororten betreut. Sozialarbeiter kümmerten sich unter anderem um Nachhilfe und Freizeitangebote wie Malen, Sport oder Musik. „Wir wollen den Kindern auch helfen, ihre Gaben auszuleben.“ Es gebe Gartenprojekte, medizinische Versorgung sowie Gruppenangebote für die Eltern. Ausschlaggebend für die Aufnahme ins Programm sei allein die Bedürftigkeit. Der weibliche Anteil überwiege, da Mädchen in der äthiopischen Gesellschaft stark benachteiligt würden.

Zudem unterstütze das Hilfsprojekt seit 2020 ausgewählte Eltern mit einem Startkapital. Die oft alleinerziehenden Frauen arbeiteten als Tagelöhnerinnen, Flaschensammlerinnen oder Wäscherinnen. Als Mikrokredit erhielten sie rund 200 Euro, um sich ein kleines Gewerbe aufzubauen, etwa einen kleinen Kaffeestand, einen Straßenkiosk, eine Erwerbstätigkeit als Friseurin oder Bäckerin. Teilweise würden die Kredite bereits zurückgezahlt und neue vergeben.

Die Spenden aus den Kirchenkreisen stammten unter anderem aus den Kollekten der Weihnachtsgottesdienste, aus Einzelspenden etwa zu runden Geburtstagen oder von Dauerspendern. Mit wenig Geld könne man viel bewirken, sagte Mohr: „Man sieht, dass das Geld ankommt und konkret hilft.“

Das Hilfsprojekt kooperiert mit der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus – eine Partnerschaft auf Augenhöhe, wie die Pfarrerin betonte. Zu den Jubiläumsfeiern in zwei Gottesdiensten am 27. Oktober in der Marburger Elisabethkirche und am 3. November in der Stiftskirche Wetter reist eine Delegation aus Äthiopien an.