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Hilfsorganisationen in Gaza: Absichtlich herbeigeführte Hungersnot

Die Krise in Gaza werde mit einigen wenigen Hilfslieferungen nicht beendet, warnen Hilfsorganisationen. Eine Generation sei zerstört. Sie fordern: Stoppt die Waffen für Israel – und lasst internationale Journalisten hinein!

Israels “humanitäre Pause” im Gaza-Krieg dient nach Worten von Hilfsorganisationen vor Ort vor allem der Beruhigung der Weltöffentlichkeit. Die Hungersnot in Gaza werde aber absichtlich herbeigeführt, sagte Ghada al-Haddad von Oxfam (Dienstag) in einer internationalen Online-Pressekonferenz. Die Krise könne mit einigen wenigen Hilfslieferungen nicht beendet werden; eine ganze Generation sei zerstört, körperlich, aber auch psychisch, sagte sie. Die Öffentlichkeit dürfe nun nicht beruhigt wegsehen.

Die Organisationen, darunter auch Save the Children, beschrieben Realitäten von 20 Monaten Bombardierung, Massenvertreibung, Hunger und medizinischem Notstand. Es brauche nicht nur einen viel weiteren humanitären Zugang, sondern auch Zugang für internationale Journalisten, damit diese über die dramatischen Zustände berichten könnten. Auch brauche es viel mehr Druck auf jene Regierungen, die Israel weiter mit Waffen beliefern.

Der Geschäftsführer der Organisation War Child, Rob Williams, beschrieb die Auswirkungen der monatelangen Kriegseindrücke auf das Gehirn von Heranwachsenden. Zusätzlich zu den Verletzten und Toten erlitten Hunderttausende Kinder und Jugendliche definitiv irreversible Schäden an Hirn und Psyche. Diese langfristigen Kriegsfolgen für ein ganzes Volk seien nicht wegzudiskutieren.

Der kanadische Arzt Tarek Loubani wies darauf hin, dass die kursierenden Zahlen von 147 Hungertoten in Gaza, davon 88 Kinder, “äußerst konservativ” seien. Tatsächlich würden als solche ausschließlich Menschen gezählt, bei denen keinerlei andere Einflüsse wie Vernachlässigung, Krankheiten oder Verletzungen festgestellt worden seien. Loubani sagte, er gehe wohl von einer zehnmal so hohen Zahl aus.

Zudem betonte er: “Alle, die derzeit stark unterernährt sind, werden sterben.” Man täusche sich total, wenn man glaube, ein einfacher Neustart der Ernährung könne Abhilfe schaffen. Ein Körper, der lange keine Nahrung bekommen hat, kann nicht einfach wieder normal “gefüttert” werden; es braucht dafür intensive medizinische Steuerung und Beobachtung. Mediziner sprechen vom “Refeeding-Syndrom”; oft ist Herzversagen die Folge.

Oxfam-Mitarbeiterin Al-Haddad berichtete von einem kleinen Mädchen aus Gaza, das sie früher als sehr lebenslustig und ambitioniert kennengelernt habe. Nun, fast verhungert, habe sie ihr mit pochendem Herzen gesagt: “Bis zu meinem Geburtstag will ich im Himmel sein – da gibt es alles, zu essen, sogar Schokolade.”