Heiße Debatte um kalte Kirchen

Wie gehen Kirchen mit den Energiekosten um?

Die Kirchengemeinden müssen in diesen Wochen darüber entscheiden, wie sie es aufgrund der steigenden Energiekosten mit den beliebten Weihnachts- und Adventskonzerten halten wollen – heizen oder nicht?

Von Uli Schulte Döinghaus

Wie sich Kirchengemeinden auf den Advent und die Weihnachtszeit in ihren Gotteshäusern einrichten, das stößt in den Lokalmedien auf Interesse. Sie berichten darüber, dass Adventskonzerte verlegt werden oder ganz ausfallen, weil die Kirchen nicht beheizt werden. Oder kaum: „Bitte beachten Sie, dass der Berliner Dom aktuell nur sehr ein­geschränkt beheizt wird, bringen Sie sich warme Kleidung und ggf. eine Decke mit“, schreiben die Verantwortlichen auf der Internetseite des „Berliner Doms“, der 90 Meter lang ist, 98 Meter hoch, 1390 Sitzplätze umfasst – was heutzutage groteske Heiz­kosten bringen würde.

Es geht um viel Geld, das illustriert Bernd Janowski vom Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg am Beispiel der St.-Marien­kirche in Angermünde, einem ­beliebten Veranstaltungsort für kirchliche Musik. In den letzten ­Jahren hätten sich die Heizkosten ­allein für das Adventskonzert jeweils auf etwa 500 Euro belaufen. In diesem Jahr rechneten die Beteiligten mit der dreifachen Summe. „Durch die Eintrittsgelder ist diese Summe nicht aufzubringen, schließlich ­müssen auch Solisten und Musiker bezahlt werden.“ 

Bleibe zu hoffen, so Janowski, dass treue Sponsoren einspringen. Denn ganz ohne geringfügige Einheizung (zwischen 12 Grad bei den Proben und 15 Grad während der Veranstaltung) sei das Advents­konzert der Uckermärkischen Musik- und Kunstschule am 27. November nicht möglich gewesen. 

Chor spendet für Heizkosten

Auch in der Erlöserkirche, die zur Paul-Gerhardt-Gemeinde in Berlin Lichtenberg gehört, will man auf das beliebte Adventskonzert nicht ­verzichten. Die Kirchenmusikerin Cornelia Ewald berichtete auf der Tagung der Landessynode im November, dass die Chorsänger die Heizkosten in Höhe von 1200 Euro für das Adventskonzert spendeten. Statt an zwei unterschied­lichen Tagen gebe es nun zwei Konzerte an einem Tag. Zu hoch sind die zu erwartenden Heizungskosten, auch in der Evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Hermsdorf. Sie informiert: „Aufgrund der gestiegenen Energiepreise sowie aus Klimaschutzerwägungen werden unsere Kirchen in diesem Winter nicht beheizt.“ Die Apostel-Paulus-Kirche bleibt – mit Ausnahmen – geschlossen, den Sonntags­gottesdienst feiert die Gemeinde im Wechsel in der unbeheizten Dorf­kirche und im beheizten Gemeindesaal. 

In den ländlichen Kirchen­gemeinden ist „Kalte Kirchen im ­Advent und zu Weihnachten“ seit eh und je kein Thema. Bis auf die Festgottesdienste bleiben alle Kirchen unbenutzt, sagt Pfarrer Daniel ­Geißler, der von Niemegk aus zehn ländliche Kirchengemeinden betreut. „Die bleiben auch im Winter kalt“, sagt Geißler. Mancherorts ­ziehen sich die Gläubigen wie schon immer in beheizbare „Winter­kirchen“ zurück – Gemeindehäuser, ehemalige Patronatslogen oder dafür hergerichtete Räumlichkeiten unter der Orgelempore. „Warum das Thema in den größeren Städten so breit diskutiert wird“, sagt Daniel Geißler, „verstehen wir gar nicht.“

Empfindliche Streichinstrumente

Die Templiner Kirchengemeinde ­bietet ihre Gottesdienste in der St.-Georgen-Kapelle statt in der Maria-Magdalenenkirche an, „um Energie zu sparen“, wie der „rbb“ berichtete. Ein ursprünglich geplantes Adventskonzert am Dritten Advent  mit Mitgliedern des Orchesters der Komischen Oper Berlin muss ent­fallen. „Die Kirche ist einfach zu kalt für die ­Musiker und die empfind­lichen Streichinstrumente“, sagte Kantor Helge Pfläging dem „rbb“. Womöglich wäre man mit dem Arbeitsplatzschutzgesetz konfrontiert, das zum Beispiel Orchesterproben und -aufführungen bei acht Grad ­Betriebstemperatur untersagt. 

In ähnlicher Weise bitten auch die evangelischen Kirchengemeinden in der Region Spremberg ihre Besucher um Verständnis dafür, „dass wir in diesem Winter aufgrund der ­Energiekosten die Kreuzkirche in Spremberg nicht so beheizen ­können wie in den Jahren zuvor.“