Heimspiel für den Hamburger

Seit fast 20 Jahren arbeitet der Theologe als Propst im Hamburger Westen. Bald möchte er in Schwerin wirken – als neuer Landesbischof der Nordkirche.

Karl-Heinrich Melzer
Karl-Heinrich MelzerJulia Fischer

Lübeck. Die Nordkirche kennt Karl-Heinrich Melzer so gut wie kaum ein anderer. Seit fast 20 Jahren ist der gebürtige Kieler nun schon Propst im Hamburger Westen. Zuvor war er Gemeindepastor im schleswig-holsteinischen Wahlstedt (Kreis Segeberg). Aufgewachsen ist er in Wyk auf Föhr. Seine Doktorarbeit recherchierte er in Kirchenarchiven in Schwerin, noch vor der politischen Wende. Er ist Mitglied der Landessynode und der Kirchenleitung der Nordkirche und Stellvertreter von Bischöfin Kirsten Fehrs. Jetzt könnte Melzer seine Laufbahn krönen und Landesbischof der Nordkirche werden. 
Das Schönste am Pastorenberuf sind für Melzer die ständigen Kontakte zu Menschen. Seine Lieblingsgeschichte in der Bibel ist der Fischzug des Petrus. Kirche setze nicht auf Gebäude, sondern "vor allem auf Menschen, die sich aufmachen und auf Neues einlassen". Für manche Kirchenkreise könne es sogar zum Problem werden, allzu "Stein-reich" zu sein, sagt der 60-Jährige. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen ließe sich der Gebäudebestand sicherlich nicht halten. Dafür müssten Perspektiven entwickelt werden und kreative, gute Pläne. Aber Pläne dürften auch geändert werden, wenn es neue Situationen erforderlich machten. 

Kirche mit Freude an Experimenten

Melzer wirbt für eine experimentierfreudige Kirche mit flexiblen Strukturen. Es müsse "Erprobungsräume für Neues" geben. Zu lange sei auch die Kirche selbst auf den Pfarrerberuf fixiert gewesen. Dies überfordere die Pastoren und werte andere Berufsgruppen ab. Doch auch in den überregionalen Werken oder in kirchlichen Kindertagesstätten geschehe Gemeindearbeit. 
Das Evangelium werde zunehmend auch jenseits der klassischen Orte wie Kirche und Gemeindehaus kommuniziert. Auch an der sozialorientierten Arbeit gelte es festzuhalten: "Die Sprache der Diakonie, also die tätige Nächstenliebe, wird in der Breite unserer Gesellschaft leichter als Ausdruck des Evangeliums verstanden als manche Wortverkündigung."
"Wir müssen uns neu als eine Verkündigungsgemeinschaft begreifen lernen", sagt der Propst. Denn gerade angesichts einer in vielen Bereichen immer tiefer gespaltenen Gesellschaft habe Kirche "jede Menge zu erzählen und anzubieten".
Fit hält sich der dreifache Familienvater mit Joggen und Radfahren. Im Urlaub wandert er viel und liest, gern zum Thema Geschichte. Zuweilen segelt er auch im Boot seines Bruders in Husum. Melzer hat sogar eine Segellehrer-Lizenz und brachte in seiner Jugend vielen Heranwachsenden das Jollen-Segeln bei. "Segeln ist auch Denksport", sagt er. Man brauche Kenntnisse – von Gezeiten, Wassertiefen und Strömungen: "Sonst kommt man nie dort an, wo man hin will." 

Lieber Fleisch als Fisch

Zwischen Bach und den Beatles würde er ungern wählen wollen – er hört beides gern. Urlaub auf den Ostseeinseln Rügen oder Usedom würde er Mallorca vorziehen, er übernachtet lieber im Hotel als auf dem Campingplatz und isst lieber Fleisch als Fisch. E-Mails findet er flotter als Briefe, 50 bis 70 finden sich täglich in seinem elektronischen Postfach.
Als Landesbischof müsste er zwar die Hamburger Alster und Elbe verlassen, hätte aber dafür die Sieben Seen Schwerins vor der Tür, so Melzer. Er habe in seinem bisherigen Berufsleben das Kunststück fertig gebracht, ausgerechnet in der "Kirche zwischen den Meeren" Einsatzorte ohne direkten Zugang zu Nord- oder Ostsee gehabt zu haben. (epd)
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