„Heimat finden in Gott“

Auf dem Marinestützpunkt in Kiel gibt es seit dem 1. Juni mit Militärseelsorgerin und Pfarrerin Annette Seifert und Pfarrhelfer Tobias Gollnau wieder ein Militärpfarramt Kiel I. Beide haben ganz neu angefangen. Hier erzählen sie über sich und den Neubeginn.

Militärpfarrerin Annette Seifert und ihr Pfarrhelfer Tobias Gollnau vor der Kieler Förde
Militärpfarrerin Annette Seifert und ihr Pfarrhelfer Tobias Gollnau vor der Kieler FördePrivat

Annette Seifert: Auf einmal war ich heimatlos. Mein geliebtes Pfarrhaus an der Loreley, in dem ich 16 Jahre gelebt und gearbeitet habe, war schon fast leergeräumt. Da saß ich schon im Auto und fuhr Richtung Kiel, nicht wirklich wissend, was mich erwartet. Und es gab kein Zurück mehr. Wochen, Monate des Abschieds lagen hinter mir. Immer dabei die Frage, wie ging das noch mal, das mit dem Abschied? Ich wusste, mir wird so viel fehlen. Gleichzeitig war sie auch da diese fast unbändige Freude auf das Neue, die Tätigkeit, die Kollegen. Und das Meer.
Die Fahrt im Auto, das Unterwegs sein, hatte auch etwas von Freiheit und etwas Ver­heißungsvolles. Gleichzeitig wollte ich so gerne so vieles festhalten.
Es waren also viele Gedanken und Gefühle die mich auf der Fahrt begleiteten.
Neugierig war ich auch auf meinen Pfarrhelfer Tobias Gollnau, der mit mir neu anfangen sollte.

Tobias Gollnau: Hallo! Ich bin Tobias Paul Gollnau, 27 Jahre alt und wohne mit meiner Frau und meiner Tochter in Altenholz. Seit dem 1. Juni bin ich jetzt Pfarrhelfer der Militärseelsorge am Marinestützpunkt Kiel. Ich freue mich sehr, dieses Berufsfeld ausüben zu dürfen, denn der direkte Kontakt zu Menschen bedeutet mir sehr viel. Außerdem finde ich es sehr wichtig, auch der jüngeren Generation das Thema Kirche näherzubringen.
Ich selbst bin mit der Kirche und dem Glauben an Gott groß geworden. In meiner Zeit als Soldat wurde mir immer bewusster, wie wichtig die Militärseelsorge an Bord von Schiffen sowie an den Stützpunkten ist. Hier möchte ich nun meine Erfahrungen als Soldat in die Kirche einbringen, um so den engen Kontakt zur Truppe zu erhalten.

Annette Seifert: Vor ein paar Jahren wurde ich schon einmal gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, Militärseelsorgerin zu werden. Zehn Jahre lang war ich sehr gerne aktives Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr. Am liebsten bin ich sowieso in Jeans, Stiefeln oder Turnschuhen unterwegs – und mit Leib und Seele Seelsorgerin, auch in der Notfallseelsorge.
Studiert habe ich in Frankfurt, Jerusalem und Marburg. Danach absolvierte ich ein Spezialvikariat in Jerusalem. Nach dem Abitur war ich schon in Israel. Seit dieser Zeit beschäftige ich mich mit Themen um Krieg und Frieden und was das über den Menschen aussagt. Die innere Zerrissenheit bei diesen Themen ist manchmal schwer auszuhalten.
Bei einem Neuanfang, wenn wir an fremden Orten sind, fühlen wir uns manchmal heimatlos und auch erst mal verloren. Das ist etwas, was Soldatinnen und Soldaten auch gut kennen, dass sie plötzlich mit neuen Orten und Situationen – nicht nur riskanten – zurechtkommen müssen. Ich wünsche mir, dass sie dabei Gott als Ankerpunkt erfahren und ich sie als Seelsorgerin begleiten kann; aber auch viel von ihnen lernen und erfahren kann.

Tobias Gollnau: Für die Militärseelsorge sind natürlich nicht nur die Soldatinnen und Soldaten sehr wichtig, sondern auch die Familien, die jeden Tag hinter ihren Frauen und Männern stehen und zu Hause die Kinder und Familie hüten. Denn für einen Soldaten ist es nicht selbstverständlich, seine Kinder abends ins Bett zu bringen und immer da zu sein.
Umso wichtiger ist es für die Militärseelsorge, die Belastung der Familien so gering wie möglich zu halten. Daher habe ich mich für diesen Berufszweig entschieden, und dies soll für viele Jahre so bestehen bleiben.
Ich freue mich darauf, in Zukunft mit netten Kollegen zusammenzuarbeiten.

Annette Seifert: Heimat finden in Gott. Gleich am  Anfang wurde mir der Weg zum Strand gezeigt. Als Gegenprogramm quasi zu wehmütigen Gedanken Richtung Loreley und Rhein. Das Meer, der Wind, der Sand unter den Füßen. In die Weite gehen alle Gedanken und Gefühle. Und gleichzeitig ist es da, das Eins-Sein mit allem, mit mir und dem, was mich umgibt. Das Geborgensein in Gott.
„Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.“ (Psalm 139, 9-10).