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Haptikforscher: Ohne Berührungen wächst der Mensch nicht

Entspannung, Regulation von Emotionen, Stärkung der Immunabwehr – all das sind Folgen der gegenseitigen Berührung. Auch sich selbst anzufassen sei lebensnotwendig, sagt ein Leipziger Psychologe zum “Weltknuddeltag”.

Nach den Worten des Wahrnehmungspsychologen Martin Grunwald sind körperliche Berührungen für den Menschen lebensnotwendig. “Wir brauchen adäquaten Körperkontakt für ein gesundes Leben und für einen guten Zusammenhalt in der sozialen Gemeinschaft. Ein Organismus, der nicht fühlen kann, ist zum Sterben verurteilt”, sagte der Wissenschaftler der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es gebe Tierstudien, die gezeigt hätten, dass der völlige Verlust sozialer Kontakte tödlich ende. Am Sonntag ist “Weltknuddeltag”, der an dieses Bedürfnis erinnern soll.

Berührungen seien “eine elementare Voraussetzung dafür, dass der Mensch überhaupt wächst”, erklärte Grunwald, der an der Universität Leipzig das Haptiklabor leitet. “Alle biologischen Wachstumsprozesse von Säugetieren sind abhängig von Körperkontakten. Das heißt, Wachstumsprozesse finden nicht statt, wenn es nicht ein angemessenes Maß an Körperverformungen gibt.”

Bei jeder Berührung entstehe zunächst eine physikalische Verformung der Haut, so der Forscher. Dadurch würden Signale an das Gehirn gesendet, dort verarbeitet und Hormone ausgeschüttet, die sich über die Blutbahn im ganzen Körper verteilten: Herzfrequenz und Atmung verlangsamten sich, die Muskulatur entspanne sich.

Auch Selbstberührungen seien elementar, so Grunwald weiter. Jeder Mensch fasse sich etwa 400 bis 800 Mal täglich ins Gesicht und frische durch diese Eigenberührung sein Kurzzeitgedächtnis auf oder beruhige hochfahrende Emotionen. “Dieses Verhalten ist schon bei Föten im Mutterleib zu beobachten”, so der Forscher. “Es tritt umso häufiger auf, wenn die Mutter etwa raucht oder stark unter Stress steht. Offenbar hilft uns die Selbstberührung, in kritischen Sekunden des Alltags in Balance zu bleiben.”