Hannover und Frankfurt starten Modellversuch zum Verkauf von Cannabis

Als erste Städte in Deutschland starten Hannover und Frankfurt/Main einen gemeinsamen Modellversuch zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Verkaufsstellen im Stadtgebiet. In Hannover sind bis zu drei Verkaufsstellen geplant, wie die Stadt am Mittwoch mitteilte. Begleitet wird das Projekt von einer wissenschaftlichen Studie der Medizinischen Hochschule Hannover. Daran werden voraussichtlich etwa 4.000 Menschen teilnehmen. Der Verkauf soll Anfang 2025 beginnen.

„Uns geht es um die Anerkennung gesellschaftlicher Realitäten“, sagte Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne). „Die Zahlen konsumierender Menschen aller Altersgruppen in Deutschland steigen stetig.“ Das zeige, dass Verbote nur eingeschränkt funktionierten. Hinzu kämen erhebliche gesundheitliche Risiken durch steigende Werte der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) und Verunreinigungen in Cannabis-Produkten auf dem Schwarzmarkt. Die Stadt erhoffe sich von dem Projekt auch einen verbesserten Jugendschutz. Der illegale Markt solle zurückgedrängt werden.

Das Modellprojekt läuft über fünf Jahre. Teilnehmen können volljährige Personen, die ihren Wohnsitz in Hannover haben. Sie müssen bereit sein, regelmäßig und aktiv an wissenschaftlichen Befragungen mitzuwirken. Einen vergleichbaren Versuch gibt es nach Angaben der Stadt bislang bereits in Wiesbaden. Dort wird Cannabis allerdings nur in ausgewählten Apotheken ausgegeben.

In Hannover erhalten alle Teilnehmenden einen pseudonymisierten Ausweis, mit dem nur sie an den Abgabestellen einkaufen können. Über diesen Ausweis und einen QR-Code auf den Verpackungen kann sichergestellt werden, dass die gesetzliche Abgabemenge eingehalten wird. Wer Produkte an Dritte weitergibt, wird sofort ausgeschlossen.

„Unser Hauptinteresse sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse“, sagte Hannovers Sozialdezernentin Sylvia Bruns (FDP). Diese gäben Aufschluss über die Auswirkungen eines legalen Verkaufs und auf die Häufigkeit des Konsums: „Wir wollen uns damit von Vermutungen und ideologischen Debatten entfernen.“

Bei dem Modellversuch arbeiten die Projektpartner mit dem Berliner Unternehmen Sanity Group zusammen, das sich bislang auf die medizinische Nutzung von Cannabis spezialisiert hat. Die Firma betreibt bereits seit Ende 2023 zwei Verkaufsstellen als Teil einer vergleichbaren Studie in der Schweiz. Sie hat kürzlich in 30 deutschen Städten Stichproben zu Cannabis auf dem Schwarzmarkt erhoben, auch in Hannover.

Das Personal der Verkaufsstellen solle entsprechend geschult werden, um die Konsumenten beraten zu können, hieß es. Bei auffälligem Konsumverhalten könne das Personal eingreifen, bevor eine Abhängigkeit entstehe. „Die Daten aus dieser Studie könnten künftig eine wichtige Grundlage für die Gestaltung einer zukunftsorientierten Drogenpolitik bilden“, sagte Professorin Kirsten Müller-Vahl von der Medizinischen Hochschule Hannover.