Diakonie fordert günstigen Nahverkehr – auch nach dem 9-Euro-Ticket

Noch bis Ende August gilt das 9-Euro­-Ticket. Doch was kommt dann? Die Hamburger Diakonie fordert günstigen Nahverkehr für Menschen in Armut.

Das 9-Euro-Ticket ist auch gültig in Regionalzügen der Bahn
Das 9-Euro-Ticket ist auch gültig in Regionalzügen der BahnDaniel Peter / epd

Hamburg. Eine Fahrt mit dem Bus in die Hamburger Innenstadt? Kaum zu finanzieren. Ein Ausflug an die Nordsee? Keine Chance. Arme Familien, die von Sozialleistungen leben, konnten sich öffentliche Verkehrsmittel bislang nur schwer leisten. Doch dann kam das 9-Euro-Ticket – und machte es ihnen plötzlich möglich, Bus und Bahn kostenlos zu nutzen. Denn in Hamburg übernimmt die Sozialbehörde die monatlichen 9 Euro.

„Mobilität ist die Voraussetzung für soziale Teilhabe“, sagt Paul Grabbe, Diakonie-Referent für Arbeitsmarktpolitik und Existenzsicherung. Das gelte sowohl für Besuche bei Freunden oder zu kulturellen Veranstaltungen als auch für Dinge, die sich nicht verschieben lassen, zum Beispiel Behördengänge. „Wer einen Termin beim Amt hat, muss sich die Fahrkarte leisten können“, sagt er. Das betreffe alle sogenannten Leistungsbezieher, also vor allem Menschen, die von Hartz 4 leben, aber auch Rentner, die Grundsicherung im Alter bekommen.

Einsparen bei Kleidung und Essen

Wenn das 9-Euro-Ticket Ende August ausläuft, müssen Leistungsberechtigte für eine Karte im Nahverkehr wieder in die eigene Tasche greifen. Für Hamburg rechnet Grabbe vor, dass für eine Abokarte nach Abzug aller Zuschüsse 31,69 Euro zu zahlen sind. Dieses Geld müssten Menschen in Armutslagen dann wieder in anderen Bereichen des täglichen Lebens einsparen, etwa Kleidung oder Essen. Für Schleswig-Holstein sind die Beträge unterschiedlich, weil jede Region ihren eigenen Verkehrsverbund hat.

Diakonie-Referent Paul Grabbe
Diakonie-Referent Paul GrabbeDiakonie

Eine Sache steht für Grabbe bereits jetzt fest: „Wenn das 9-Euro-Ticket endet, sieht es für die Leistungsberechtigten düster aus.“ Mobilität sei dann nicht mehr drin, weil die hohe Inflation zu stark steigenden Preisen vor allem bei Lebensmitteln und Energie führe. Ein Ende dieser Preisspirale ist für den Diakonie-Referenten nicht absehbar.

Deshalb fordert Grabbe für die Hamburger Diakonie, dass der Nahverkehr für Menschen in Armuts­lagen bestenfalls kostenlos oder sehr günstig sein solle. Denkbar sei auch, das 9-Euro-Ticket­ nach Ende August dauerhaft für Menschen verfügbar zu machen, die sozialleistungsberechtigt sind. Grabbe macht darauf aufmerksam, dass Menschen in Armutslagen schon geholfen sei, wenn sie sich in ihrer Umgebung nahezu kostenlos bewegen könnten. Ein solcher Zuschuss sei sehr wichtig.

Teurer Nahverkehr

Armutsexperte Grabbe verweist darauf, dass die Kosten in Hamburg für den öffentlichen Nahverkehr im bundesweiten Vergleich besonders hoch seien. Ein Preisvergleich des ADAC aus dem vergangenen November bestätigt ihn. Demnach sind Monatstickets in keiner anderen untersuchten Stadt so teuer wie in Hamburg. Der Hamburger Verkehrsverbund kritisiert den Vergleich allerdings, weil sich die Geltungsbereiche für Abo-Karten von Stadt zu Stadt unterscheiden würden.

Als positives Beispiel für günstigen Nahverkehr gilt Wien. In der Hauptstadt Österreichs kann man schon seit zehn Jahren mit einem 365-Euro-Ticket das ganze Jahr eng getaktete Busse und Bahnen nutzen. Dieses Angebot hat sich offenbar etabliert: Inzwischen meldet die Stadt Wien mehr Inhaber von Jahreskarten als Besitzer von Autos.