Hamburg hat jetzt einen Kurator für islamische Kunst

Tobias Mörike möchte den kulturellen Austausch zwischen Einheimischen und Migranten fördern. Gerade knüpft er Kontakte zu Moscheegemeinden.

Tobias Mörike
Tobias MörikeThomas Morell

Hamburg. Im Museum für Kunst und Gewerbe hat Hamburgs erster Kurator für islamische Kunst seine Arbeit aufgenommen. Faszinierend ist für den Islamwissenschaftler Tobias Mörike (32) vor allem, welche unterschiedlichen Einflüsse aus der Spätantike, China und Europa in der Islam-Sammlung des Museum zu entdecken sind. Derzeit knüpft er Kontakte zu Moscheegemeinden, um den kulturellen Austausch von Migranten und Einheimischen zu fördern. Mit Filmen, Diskussionen und Führungen, so Mörike, könnte das Museum zu einer "Kontaktzone" werden.
Vor knapp zwei Jahren hatte das Museum seine Islam-Ausstellung neu konzipiert und erweitert. Präsentiert werden rund 270 Exponate wie Fliesen, Teppiche, Stoffe und Buchkunst. Zu den Schmuckstücken zählt eine reich verzierte Prachtausgabe des Koran, die um 1565 von einem iranischen Künstler für den osmanischen Sultan gestaltet wurde. 

Islamische Comics

Neu eingerichtet wurde dabei ein Bereich mit islamischen Comics, Filmen und Karikaturen, darunter die pakistanische TV-Serie "Burka Avenger" (2014) und der Silhouettenfilm von Prinz Achmed (1926). Diese Ausstellungsfläche möchte Tobias Mörike künftig gern mit zeitgenössischer Kunst aus dem Nahen Osten weiterführen. 
Nach seinem Studium der Afrikanistik und Islamwissenschaft in Berlin und Paris war der gebürtige Berliner zunächst am Völkerkundemuseum Dresden tätig. Nach Stationen in Erfurt und Gotha ist er jetzt nach Hamburg gezogen. Parallel zu seinem neuen Job promoviert er über die Geschichte der deutschen Palästina-Forschung. 

Problematischer Begriff

Ein großes Anliegen ist Tobias Mörike die Provenienzforschung zur Geschichte der Kunstwerke im Museum. Dabei gehe es nicht nur um geraubte Kunst in den ehemaligen Kolonialgebieten im Nahen Osten. Komplex wird die Frage nach der Herkunft auch durch die Tatsache, dass islamische Kunstwerke zum Teil jüdischen Kunstfreunden gehörten, die sie in der NS-Zeit zwangsweise verkaufen oder abgeben mussten. Durch die Kriege in Syrien und im Irak gebe es auch aktuell Notverkäufe von Kunstwerken und Plünderungen von Museen. 
Der Begriff "islamische Kunst" ist nach den Worten Mörikes nicht unproblematisch. Die Objekte im Museum für Kunst und Gewerbe seien vor allem unter dem Schwerpunkt Design zusammengetragen worden. Darum gebe es nicht nur religiöse Gegenstände, sondern vor allem Alltagsobjekte, die von der gegenseitigen Einflussnahme durch die Seidenstraße und den Mittelmeerraum erzählen. (epd)